VIER PFOTEN - Stiftung für Tierschutz
Bärentod im Wildpark Langenberg: VIER PFOTEN fordert Denkpause
06.08.2003 – 17:35
Zürich (ots)
Die polnische Bärin Polly, die dieses Frühjahr in den Wildpark Langenberg gezügelt wurde, um für Nachwuchs und Blutauffrischung zu sorgen, ist tot. Ursache sind offenbar Probleme im Verhalten der Bären untereinander. Das erstaunt die Stiftung für Tierschutz VIER PFOTEN, die in Österreich und Bulgarien (Belitza) selber zwei artgerechte Gemeinschaftsgehege für befreite Tanzbären führt: Hier sind Sozialprobleme unbekannt, obschon die jahrelang missbrauchten Tanzbären schwieriger zu integrieren sind. VIER PFOTEN fordert eine umfassende Abklärung der Umstände, die Offenlegung der Resultate und einen Verzicht auf die weitere Nachzucht von jungen Bären, die später aus Platzmangel ohnehin getötet werden.
Den Verzicht auf Bärennachwuchs hatte VIER PFOTEN bereits im Mai anlässlich einer Aktion im Wildpark erhoben. Die gleichzeitig lancierte Petition «Stoppt den Bärenmord» ist bis jetzt bereits von 1500 Personen unterzeichnet worden. Zoo-Kreise argumentieren, Fortpflanzung und Nachzucht gehörten unbedingt zu einer artgerechten Tierhaltung. VIER PFOTEN hält dieses Argument für scheinheilig: So sehr man sich in Langenberg auch bemüht hat, mit einem neuen Gehege den Bedürfnissen der Bären entgegenzukommen, seien die Lebensbedingungen doch sehr viel enger als die 50 Quadratkilometer, die ein Bär in der Wildnis als Revier beansprucht. Es ist deshalb unverständlich, warum ausgerechnet (und nur dort) bei der Fortpflanzung absolute Artgerechtheit hergestellt werden soll, wenn in der Folge Jungbären getötet werden müssen. Denn im Alter von zwei Jahren werden die Jungen von der Mutter verjagt, und ein neues Revier steht nirgends zur Verfügung, da jeder Zoo mehr als genug Braunbären besitzt. VIER PFOTEN vermutet, dass die periodische Nachzucht von Jungbären vor allem dazu dient, Publikum anzuziehen - ein Publikum, das freilich nicht weiss, dass die herzigen Jungbären schon bei deren Zeugung dem Tod geweiht sind.
Stadt Zürich muss handeln
Der Tod der Bärin Polly (die im Frühjahr noch Karo hiess) schafft eine Denkpause, die jetzt genutzt werden muss. Wildpark-Betriebsleiter Andreas Reifler selber meint, man sei nicht im Zugzwang, rasch wieder eine Bärin und Nachwuchs zu haben. Eine Schwangerschaft der 24 Jahre alten Bärin Irma ist jedenfalls nicht geplant und wird seit vier Jahren mit Spritzen verhindert. Späterer Nachwuchs ist damit aber nur aufgeschoben.
Besitzer des Wildparks Langenberg ist die Stadt Zürich. Der Zürcher Gemeinderat wird demnächst Gelegenheit haben, den Verzicht auf Bärennachwuchs zu beschliessen. Ein von SVP-Gemeinderätin Monika Erfigen eingereichtes Postulat fordert genau das, was die Petition von VIER PFOTEN will: Wirksame Massnahmen, damit künftig keine Jungbären mehr getötet werden müssen. Da die künstliche Empfängnisverhütung unsicher ist und Nebenwirkungen hat, kann das nur heissen: Sterilisation oder Kastration der Bären. Für Erfigen steht dabei auch die Akzeptanz der «grossen finanziellen Aufwendungen» für die Bärenhaltung in Frage.
Abklärungen und Konsequenzen
Offenbar bestanden von Anfang an Probleme, die Bärin Polly in das neue Bärengehege einzugliedern. Sie war vom ihr zugedachten Partner Ursus und dessen Mutter Irma derart attackiert worden, dass sie zweimal vorübergehend im alten Gehege isoliert werden musste. Auch der dritte Versuch, die drei Bären im selben Gehege zu halten, scheiterte: Nach wenigen Tagen fügten die beiden Bären der neuen Artgenossen so schwere Verletzungen zu, dass sie operiert werden musste. Aus der Narkose ist Polly am 5. August nicht mehr erwacht. Als Narkosemittel wurde laut Reifler wie üblich Immobilon eingesetzt, ein gemäss Fachliteratur «superpotentes» Opioid, welches zum Beispiel auch zur «humanen» Tötung von Zoo-Elefanten verwendet wird. Der Einsatz des Mittels gilt als nicht ganz unproblematisch. Laut Reifler sind die Tiere noch einige Tage nach der Narkose benommen. Ofenbar war das für die durch Verletzungen geschwächte Polly zu viel.
VIER PFOTEN eine seriöse, transparente Abklärung, welche nicht nur medizinische Aspekte umfasst, sondern auch Verhalten und Gehege. Bis dahin dürfe keinesfalls eine neue Bärin im Langenberg einziehen.
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