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Gratwanderungen, Kommentar zur BaFin von Bernd Wittkowski

12.05.2015 – 20:50 

Frankfurt (ots) -

In der Kreditwirtschaft, aber auch in der Fondsbranche ist ja in den vergangenen Monaten der verständliche Ruf nach einer "Regulierungspause" lauter geworden. Doch diesen Wunsch können sich die Akteure und ihre Verbände abschminken. Die Jahrespressekonferenz der deutschen Finanzaufsicht BaFin hat es überdeutlich gezeigt: Ein Ende der Regulierungswelle und der mit ihr einhergehenden Datensammelmanie ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, für manche könnte der Höhepunkt der staatlichen Eingriffe noch bevorstehen, beispielsweise für die Assetmanager, die hierzulande "seit Lehman" schon rund 100 für sie relevante Regulierungsprojekte gezählt haben, die aber ganz aktuell etwa vom Internationalen Währungsfonds oder vom globalen Finanzstabilitätsrat als Objekte neuerlicher Aufsichtsbegierde ausgedeutet werden.

Regulierung und Aufsichtspraxis sind wohl von Natur aus Gratwanderungen. Beispiel BaFin: In der Behörde arbeiten unter dem neuen Präsidenten Felix Hufeld wie schon unter dessen Vorgängern wie Elke König oder Jochen Sanio gewiss keine Regulierungsfetischisten, sieht man mal von gelegentlichen Auswüchsen im Tagesgeschäft ab. Hufeld warnt denn auch davor, etwa Anbieter von Finanzprodukten mit übersteigerten administrativen Anforderungen zu lähmen, spricht mit Blick auf die EU-Finanzmarktrichtlinie von einer "Radikal-Mifidisierung", in der kein Segen liege. Doch fast im selben Atemzug stellt er fest, dass die von den Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer aufgesetzte Reformagenda keineswegs abgearbeitet sei.

Stichwort "Gratwanderung": Hufeld beklagt, von den europäischen Behörden würden mitunter mehr Daten angefordert als - aus Sicht der BaFin - nötig. Doch die deutsche Behörde hat vor dem Hintergrund der Nullzinsen gerade selbst bei Banken und Versicherern zwei neue großangelegte Datensammelaktionen gestartet. Sie hat obendrein die Bausparkassen kritisch im Blick. Angesichts der drohenden Folgen der abenteuerlichen Euro-Rettungspolitik namentlich der EZB ist das alles durchaus nachvollziehbar, aber für die im Dauerregulierungsstress steckenden Institute bedeutet es eine neue Riesenbelastung. Und waren die Auswirkungen möglicher Zinsschocks nicht erst 2013 ausgiebig analysiert worden?

Immerhin: Manchmal haben die Behörden ein Einsehen, wenn die Branche gegen regulatorischen Overkill aufbegehrt. Die Schnapsidee der EZB, künftig nicht nur Millionenkredite, sondern jeden 25000-Euro-Kredit mit jeweils mehr als 100 Einzeldaten zu erfassen, soll noch einmal diskutiert werden. Gut so.

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