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Papier gegen Schlaglöcher, Kommentar zur Investitionslücke von Ulli Gericke

13.04.2015 – 20:50 

Frankfurt (ots) -

Die Logik ist bestechend: Auf der einen Seite reißt die Investitionslücke hierzulande immer weiter auf, weil der Staat kein Geld hat, um all die Schlaglöcher zu stopfen, die inzwischen für Lkw gesperrten Brücken zu reparieren oder Schulen zu sanieren. Auf der anderen Seite suchen durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) geschädigte Versicherungen und Pensionskassen dringend nach rentablen Anlagemöglichkeiten. Was liegt also näher, als Nachfrage und Angebot zu verkuppeln, mag sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel gedacht haben, als er im vergangenen Sommer die Expertenkommission zur "Stärkung von Investitionen in Deutschland" installiert hatte. Mehr Investitionen heißt auch mehr Wirtschaftswachstum und Beschäftigung.

Zum Abschluss ist sich die 21-köpfige Gruppe renommierter Vertreter aus Industrie und Finanzen, Gewerkschaft und Wissenschaft gestärkt durch eine fast gleichgroße Anzahl von Gästen, Beobachtern und Beratern immerhin einig, dass es deutlich mehr Investitionen bedarf, um den Standort Deutschland attraktiv zu erhalten. Aber schon bei der Frage, wie viel Geld dafür benötigt wird, herrscht Uneinigkeit. Der Vorbeter für mehr Investitionen, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und Kommissionschef Marcel Fratzscher, fordert 100 Mrd. Euro jährlich - zum größten Teil aufzubringen von privaten Unternehmen, die angesichts der Globalisierung zuletzt hierzulande nicht weniger geknausert hätten mit ihren Investitionen als die öffentliche Hand. Siemens, BASF, ThyssenKrupp - nun aber mal zu, Geld dürfte ja nach den vielfachen Rekordgewinnen vorhanden sein. Was für ein Glück, dass wir eine so hochrangige und qualifizierte Expertenkommission haben.

Und der Staat? Wo Länder und Gemeinden angesichts der drohenden Schuldenbremse vielfach auf der Investitionsbremse stehen. Hier böten sich öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) an zur gemeinsamen Finanzierung von Straßen- und Schulsanierungen. Allerdings registriert selbst der drängendste Lobbyverband für ÖPP, die Bauindustrie, eine anhaltende Skepsis in der Kommission gegenüber der stärkeren Einbindung privater Partner. Die Versicherungswirtschaft fleht sogar, die Diskussion wenigstens weiterzuführen und nicht abzubrechen. Selbst wenn sich der Staat aktuell für lau verschuldet, während private Investoren eine Rendite erwarten - auch das ist ein Argument gegen ÖPP. Nur mit vagen Vorschlägen lassen sich jedenfalls keine Schlaglöcher stopfen.

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