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Sprengkraft im Streichelzoo, Kommentar zum Sparkassensektor von Bernd Wittkowski

03.03.2015 – 20:15 

Frankfurt (ots) -

In der Sparkassengruppe wird zuweilen über die Deutsche Bank gelästert, die gerade dabei sei, in die Brüche zu gehen. Die Gefahr besteht sicher. Doch müssen die Öffentlich-Rechtlichen aufpassen, dass nicht sie die Ersten sind, die sich selbst zerlegen. Vielversprechende Ansätze dafür sind erkennbar. Der hessisch-thüringische Verbandschef Gerhard Grandke ist zwar als Offenbacher und langjähriger Oberbürgermeister der Nachbarstadt Frankfurts Auseinandersetzungen mit härteren Bandagen gewöhnt. Jene zwischen dem Verbandsgebiet Westfalen-Lippe und dem Rest der Gruppe sieht der kampferprobte Taekwondoin deshalb erst auf dem Niveau eines "Streichelzoos" (was, ehrlich gesagt, ungemein neugierig macht auf die Zeit, in der auch nach Grandkes Verständnis die Fetzen fliegen).

Aber objektiv betrachtet hat der Streit über die Neuordnung des Haftungsverbundes bereits jetzt enorme Sprengkraft. In der Organisation sind ja jede Menge Alphatiere unterwegs. Wenn die außer Rand und Band geraten, besteht immer die Gefahr, dass eine Fehde unversehens Eigendynamik entwickelt und aus dem Ruder läuft. Obacht! Die Beteiligten tragen ihre Händel coram publico und damit vor allem auch vor den Augen der (europäischen) Bankenaufseher aus. Gut möglich, dass die nur auf die passende Gelegenheit warten, den Deutschen mit ihrem missliebigen, im Ausland ohnehin unverstandenen stark öffentlich-rechtlich gefärbten Dreisäulensystem und den ständigen Sonderwünschen bei Regulierungsthemen endlich mal am Zeug flicken zu können.

In der Sache ist die Forderung des westfälisch-lippischen Verbandsoberen Rolf Gerlach nach Deckelung der Haftung seiner Mitgliedsinstitute für Landesbanken voll daneben. Die NRW-Sparkassen sitzen auf WestLB-Altlasten? Gewiss. Aber haben die anderen Regionen den desaströsen Untergang der Düsseldorfer Landesbank zu verantworten? Das Beispiel der Haftungsbegrenzung würde schnell Schule machen. Sparkassen in anderen Bundesländern haben auch ihre Landesbanken gestützt. Am Ende sollen dann wohl nur die hessischen, thüringischen und saarländischen Institute voll haften. Im Übrigen ist keineswegs ausgemacht, welche "Fraktion" - Sparkassen oder Landesbanken - in einigen Jahren am meisten auf einen starken Haftungsverbund angewiesen sein wird. Der Ertragstrend könnte eher gegen die Sparkassen laufen.

Namentlich Gerlach sollte mithin abrüsten - schon im Interesse seiner Mitgliedssparkassen. Er kann nur verlieren. Die Drohung mit einem westfälisch-lippischen Sonderweg hat etwas geradezu Varoufakishaftes.

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