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Syriza verliert Schrecken, Kommentar zur Griechenland-Wahl von Christopher Kalbhenn

26.01.2015 – 20:55 

Frankfurt (ots) -

Auf den ersten Blick wirkt die Reaktion der Aktienmärkte äußerst seltsam. Bei der Parlamentswahl in Griechenland tritt mit dem die Erwartungen übertreffenden Wahlerfolg der Syriza der "Worst Case" ein und die Kurse steigen unverdrossen weiter, als wäre nichts geschehen. Nun, tatsächlich ist etwas geschehen. Die überraschend guten Ifo-Daten sorgten gestern für gute Stimmung, bestätigen sie doch die Hoffnung, dass die Konjunktur mit Unterstützung des schwachen Euro und der stark gesunkenen Ölpreise an Fahrt gewinnen wird.

Dennoch ist die Reaktion bemerkenswert, wenn man sie mit den Kurseinbrüchen und Volatilitätsschüben vergleicht, die in den Jahren 2011 und 2012 mit der Staatsschuldenkrise einhergingen. Der Volatilitätsindex der Deutschen Börse, der VDax New, ist gestern sogar gesunken. Die Reaktion ist aber durchaus erklärbar. So traf der durchschlagende Wahlerfolg der Syriza - anders als seinerzeit die Schuldenkrise - keinen unvorbereiteten Markt. Dass sich die Partei durchsetzen würde, war schon sehr lange bekannt, neu waren in jüngerer Zeit lediglich Umfragen, die zeigten, dass sie sehr deutlich vor der regierenden Nea Dimokratia führte.

Von noch größerer Bedeutung ist, dass Griechenland längst kein großer Gefahrenherd mehr ist. Die Währungsunion ist durch ihre Sicherungsmechanismen, so den Rettungsfonds ESM, gegen einen neuerlichen Flächenbrand weitgehend immun geworden. Das Wahlergebnis könnte eher für den Parteiführer der Syriza, Alexis Tsipras, zum Problem werden. Denn er hat im Wahlkampf Erwartungen geweckt, die er kaum wird erfüllen können. Die Zugeständnisse, die er aushandeln will, darunter ein Schuldenschnitt und reduzierte Sparauflagen, wird er nicht auf ganzer Linie durchsetzen können.

So wenig Verhandlungsmasse der neue griechische Ministerpräsident hat, so gering sind mittlerweile die Gefahren bzw. die Ansteckungsgefahr geworden, die von dem Land für die Finanzmärkte und die Währungsunion ausgehen. Daher können Konjunkturdaten wie der Ifo-Index derzeit auch eine stärkere Wirkung auf den Dax entfalten. Nicht vergessen werden darf, dass der Dax derzeit vor allem von der Europäischen Zentralbank mit Macht nach oben getrieben wird. Denn sie beginnt demnächst, für monatlich 60 Mrd. Euro Anleihen, darunter auch Euro-Staatstitel, zu kaufen. Dagegen haben Griechenland und Tsipras derzeit erst recht keine Chance, sich als Einflussfaktor auf die Finanzmärkte durchzusetzen.

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