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Poker, Kommentar zu Griechenland von Detlef Fechtner

05.01.2015 – 20:55 

Frankfurt (ots) -

Gestern waren zwei Sätze immer wieder zu hören - in Brüssel wie in Berlin. Der erste lautete: Wir äußern uns nicht zu Spekulationen. Der zweite: Die Entscheidung liegt bei den Griechen. Das war nicht ungeschickt. Denn auf diese Weise haben die Sprecher von Bundesregierung und EU-Kommission den Eindruck vermittelt, dass sich die Euro-Partner nicht in die griechischen Wahlen einmischen wollen - und es implizit doch getan. Niemand hat schließlich explizit den Meldungen widersprochen, dass die Bundesregierung mittlerweile Griechenland nicht mehr um jeden Preis in Euroland halten will. Damit lautet die unausgesprochene Botschaft an Griechenlands Bürger: Wählt, was Ihr wollt! Aber seid Euch bewusst, dass Eure Wahl der Anfang vom Ende Griechenlands in der Eurozone sein könnte!

Euroland befindet sich wieder einmal mitten im Poker. Die griechische Linke ist sich ziemlich sicher, dass sich die Euro-Partner nicht trauen werden, Hellas fallen zu lassen - und sie verspricht den Bürgern deshalb, dass sie Entlastung von Sparvorgaben und Schuldenbergen auszuhandeln imstande sein wird. In einem Land, in dem die Troika Feindbild Nummer eins und das Wort Memorandum zum Kampfbegriff geworden ist, kommt so etwas gut an.

Es ist deshalb nachvollziehbar und richtig, dass die Bundesregierung dagegenhält: Nein, die Euro-Partner werden nicht bereit sein, jede Konditionalität aufzugeben. Dieses Signal ist allein aus Respekt vor den Regierungen in Spanien oder Portugal wichtig, die sich an vereinbarte Bedingungen gehalten haben - schließlich wird dort dieses Jahr auch noch gewählt.

Genauso wichtig ist es aber, dass alle Beteiligten das Ziel im Auge behalten, sich aufeinander zuzubewegen. Es wäre fatal, wenn der Poker durch Unbedachtheit der Beteiligten zum bloßen Hasardspiel ausarten würde - und die Verhandlungen zu einer großen Zockerei.

Gewiss, es ist richtig, dass Euroland heute widerstandsfähiger ist als zu Beginn der Krise. Jedoch wäre es eine Illusion, die Folgen eines Griechen-Ausstiegs für kalkulierbar zu erklären. Niemand kann vorhersagen, wie groß letztlich die Ansteckungsgefahren für Portugal oder Italien sind. Und niemand kennt das Drehbuch für den konkreten Ablauf des Ausstiegs.

Die Euro-Partner sind deshalb gut beraten, Griechenland zu warnen. Aber sie sollten alles daransetzen, sich mit der nächsten Regierung in Athen - egal wer sie führt - auf eine Fortsetzung einer konditionierten Unterstützung zu verständigen.

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