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Überraschungscoup, Kommentar zum Investitionsprogramm der Bundesregierung von Angela Wefers

06.11.2014 – 20:30 

Frankfurt (ots) -

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) weiß, wie man Nachrichten beherrscht. Pünktlich zur Steuerschätzung landete er einen Überraschungscoup: 10 Mrd. Euro will er über drei Jahre von 2016 bis 2018 für öffentliche Investitionen zusätzlich bereitstellen. Das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts für 2015 und die folgenden Jahre steht.

Mit einem Handstreich hat Schäuble nach der Steuerschätzung alle drohenden schlechten Nachrichten über die lahmende Konjunktur und weniger dynamisch steigende Steuereinnahmen weggewischt. Denn tatsächlich haben die Schätzer ihre Ansätze nach unten korrigiert. Das musste so kommen, nachdem die Wachstumsprognosen für 2014 und 2015 nicht mehr so rosig aussehen wie noch im Frühjahr, auch wenn sie durchaus auf normalem Niveau liegen. Die Schätzerzahlen zeigen: Die automatischen Stabilisatoren im System wirken. Die Steuerlast atmet mit der Konjunktur.

Ein Überraschungscoup ist die Ankündigung des Investitionsprogramms auch deshalb, weil es an ein finanzielles Wunder grenzt, dass trotz geringerer Steuereinnahmen Spielraum für zusätzliche Ausgaben auftaucht, ohne die Neuverschuldungsmaschinerie anzuwerfen. Schäuble helfen die sinkenden Zinsausgaben. Wachsen die Schulden nicht mehr, bleibt die Zinslast zumindest gleich. Viel mehr aber hilft die dauerhafte Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, den Posten im Bundeshaushalt zu drücken, in dem traditionell auch Puffer für Unvorhergesehenes steckt.

Die Ankündigung Schäubles ist ein politischer Befreiungsschlag. Der Minister erhört die Forderung des Koalitionspartners SPD nach einem öffentlichen Investitionsprogramm, ohne dessen Drängen nach einer Steuererhöhung nachzugeben. Dieses frohlockende "Seht her, mein Kurs führt zum Ziel" hat auch eine europäische Dimension. Es strahlt nach Paris und Rom und entkräftet die Kritik des Kaputtsparens in der Dauerdebatte um den richtigen finanzpolitischen Kurs. Auch die Investitionsoffensive von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker unterstützt Schäuble.

Politisch durchdacht ist auch der Zeitplan. Starten die Investitionen 2016, tritt die positive Wirkung pünktlich im Wahljahr 2017 ein. Den Haushalt 2018 wird ohnehin die Bundesregierung der nächsten Legislaturperiode bestimmen. Fast wäre das Wichtigste vergessen: Wo und wofür wird überhaupt investiert? Dies soll erst zwischen den Koalitionspartnern CDU, CSU und SPD verhandelt werden. 2016 ist ja auch noch eine Weile hin.

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