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Unheilige Allianz, Kommentar zum EZB-Verfahren von Stephan Lorz

14.10.2014 – 20:50 

Frankfurt (ots) -

Womöglich steht mit der Europäischen Zentralbank (EZB) der Falsche am Pranger im Europäischen Gerichtshof (EuGH). Eigentlich müssten sich zunächst die handelnden Politiker rechtfertigen. Sie haben es so weit kommen lassen, dass sich die Notenbank gezwungen sah, mit der Ankündigung von Staatsanleihekäufen den Zerfall der Eurozone zu verhindern. Aber es hatte ja funktioniert: Die Finanzmärkte hatten sich beruhigt, die Marktteilnehmer haben ihr das Versprechen geglaubt, alles Erdenkliche zu tun, um die Existenz der Währungsunion zu sichern.

Blickt man auf die Ursprünge der Euro-Krise zurück, so hat nicht die EZB die fatale Entwicklung zu verantworten, sondern die Regierungen: Durch ihre über Jahre unverantwortliche Budgetpolitik, durch ihre Reformverweigerung, durch ihre Missachtung rechtlich fest vereinbarter Regeln und durch ihre im Grunde europafeindliche Politik. Denn die mit einer Währungsunion verbundene Notwendigkeit einer weiteren Souveränitätsübertragung wurde negiert. Zudem wurde alles getan, um sich die Krisenkosten von anderen Ländern finanzieren zu lassen. Dass sie sich jetzt in der mündlichen Verhandlung des EuGH an die Seite der EZB stellen und deren Handeln verteidigen, ist pure Heuchelei.

Die Notenbank indes muss sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht standhaft geblieben zu sein und dabei - das Bundesverfassungsgericht und die Kläger haben das treffend dargelegt - auch rechtliche Zuständigkeitsgrenzen klar überschritten zu haben. Außerdem kann die EZB nicht alle Vorwürfe mit dem Hinweis entkräften, dass Geldpolitik ja immer auch wirtschaftspolitische Effekte habe.

Was sich hier exemplarisch zeigt, ist ein Charakterwandel der Notenbanken weltweit. Es geht nicht mehr "nur" um die Wahrung der Preisstabilität, sondern um die Etablierung ökonomischer Gestaltungsmacht - demokratisch übrigens ohne jede Legitimation. Dabei geht die EZB eine unheilige Allianz mit der Finanzpolitik ein. Die Marktakteure mögen das heute noch beklatschen, weil sie davon aktuell profitieren. Doch schnell kann dies in Misstrauen umschlagen, wenn politische Abhängigkeiten offenkundig werden. Umso wichtiger ist es darum, dass der EuGH nun kein Urteil fällt, um seiner "Schwesterinstitution" EZB mehr Gestaltungsmacht zu geben, wie er es ansonsten handhabt. Sondern er muss ihr so enge Grenzen setzen, dass auch Karlsruhe damit leben kann. Das festigt das Vertrauen in die Notenbank einer schon wackeligen Währungsunion - und stabilisiert letztlich die Eurozone.

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