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Klammheimlicher Stimulus, Kommentar zu China von Norbert Hellmann

17.09.2014 – 20:55 

Frankfurt (ots) -

Chinas jüngste geldpolitische Offensive entzweit die Analystengemeinde. Es geht um eine Geldspritze über 500 Mrd. Yuan (60 Mrd. Euro), die an die größten Banken des Landes gegangen sein soll. Dies kann als eine Maßnahme verstanden werden, die abflauende chinesische Kreditvergabeaktivität klammheimlich zu stimulieren, statt mit einer Senkung der Leitzinsen oder Mindestreservesätze gleich Konjunkturalarm auszulösen. Andererseits lässt sich der Liquiditätseinschuss auch als normale Geldmarktoperation darstellen, mit der einer starken Fluktuation von Geldmarktsätzen entgegengewirkt werden soll wegen des herannahenden Quartalsstichtages.

Der Septemberultimo ist dabei in China ein besonders sensibler Stichtag, weil jedes Jahr zum 1. Oktober die "Goldene Woche" beginnt, eine landesweite Ferienpause, in der sämtliche Banken, Behörden und Unternehmen geschlossen haben. Nachdem es im vergangenen Jahr zum Juni- und Septemberultimo gravierende Verspannungen an Chinas Geldmärkten gegeben hatte, ist die Zentralbank in diesem Jahr besonders bemüht, in ihrem Beritt für eine reibungslose Liquiditätsversorgung und entspannte Geldmarktbedingungen zu sorgen.

Die Zentralbank hat jedenfalls in ihrem stark erweiterten geldpolitischen Instrumentenkasten gewühlt und eine sogenannte Standing Lending Facility herausgegriffen. Dies ist eine mit Sicherheiten zu unterlegende Kreditfazilität, welche die Notenbank offiziell als Instrument zur großflächigen Sicherung eines längerfristigen Liquiditätsbedarfs versteht. Allerdings hatten die Währungshüter im Juli eine verdächtig ähnliche Kreditfazilität in einem vergleichbaren Umfang hervorgezaubert, die einzig an die Adresse der staatlichen Förderbank China Development Bank ging. Die Maßnahme wurde nicht weiter erklärt, im Markt aber als gezielter Stimulus zur Anregung von zinssubventionierten Kreditvergaben verstanden.

Was die Einordnung der neuen Liquiditätsspritze angeht, haben im Zweifelsfall beide Seiten recht. An Chinas Finanzmärkten jedenfalls wurde die Maßnahme am Mittwoch bejubelt, weil sie - egal welche Absichten die schmallippige Notenbank nun tatsächlich hegen mag - durchaus als monetärer Stimulus mit wirtschaftlichem Stimulierungseffekt eingeordnet wird. Der dürfte nach einem ziemlich verheerenden Konjunkturdatenkranz im August ohnehin nottun. Dass damit auch den Märkten die Angst vor einer neuen Geldmarktklemme genommen wird, ist ein Bonus, über den sich niemand beklagen wird.

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