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Die Großen lässt man laufen? Kommentar zur Causa Ecclestone von Bernd Wittkowski

05.08.2014 – 20:55 

Frankfurt (ots) -

Diese merkwürdigen Wesen namens "Landesbank" muss man erst mal verstehen: Dass die LBBWs, BayernLBs & Co. sozusagen Behörden und ihre Vorstandsmitglieder "Amtsträger" sind - das lernt man schon hierzulande nicht in der Schule. Wie soll es erst ein Formel-1-Boss kapieren? Zumal wenn der Mann vom öffentlich-rechtlichen Geldhaus nicht auftritt, wie man sich einen Bankbeamten vorstellt, sondern als Protzbanker. Juristische Spitzfindigkeiten? Nein: gutes, altes deutsches Strafrecht. Nur passt der gleichsam hoheitliche Status einer Sparkassenzentralbank, der deren Bedienstete dem Begünstigtenkreis des Bestechungsparagraphen 334 des Strafgesetzbuchs (bis zu zehn Jahre Haft im besonders schweren Fall) zuordnet, nicht mehr ganz zu den heutigen Geschäftsmodellen dieser Institute.

Dem unter anderem wegen Bestechung angeklagten Bernie Ecclestone erspart in erster Linie sein Nichtwissen von der Amtsträgereigenschaft der BayernLB-Vorstände eine Fortsetzung des schon dreieinhalb Monate dauernden Prozesses - und vor allem eine womöglich durchaus spürbare Strafe samt damit verbundenen geschäftlichen Konsequenzen. Die Zahlung der Auflage von 100 Mill. Dollar als Preis der Verfahrenseinstellung sollte sich mittels Sepa-Überweisung rechtzeitig bewerkstelligen lassen. Passenderweise verfügt die Staatskasse über ein Konto bei der BayernLB.

Haben wir es nicht immer gewusst? "Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen." "Klassenjustiz!" "Kapitulation vor dem Mammon!" Solche Reflexe wird es auch in der Causa Ecclestone geben. Oder, das wäre mal originell: "Bayern saniert seinen Haushalt auf Kosten der Gerechtigkeit." Alles Humbug. Zunächst: Die Beweisaufnahme hatte bis dato gezeigt, dass die Anklage arg wackelt. Eine Verurteilung war unwahrscheinlich. Das wusste am Ende auch die Staatsanwaltschaft.

Und exakt nach dem Muster dieses Prozesses werden in Deutschland jährlich weit mehr als 100000 Verfahren eingestellt. Schon diese Myriaden von Fällen widerlegen den Verdacht, hier würden Reiche privilegiert. Die Voraussetzungen einer Einstellung sind eng und einigermaßen klar definiert. Nur sind die Auflagen in aller Regel nicht mit jenen in diesem Fall vergleichbar. Beim damaligen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann waren es 2006 in Sachen Mannesmann 3,2 Mill. Euro, 2013 beim Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst 20000 Euro. Sie alle und Hunderttausende andere sind insoweit unbescholten und nicht vorbestraft. Die Einstellung ist kein Freispruch, aber auch kein Freikauf, egal ob der Angeklagte arm oder reich ist.

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