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Nur ein Hoffnungswert, Kommentar zum Banco Espírito Santo von Bernd Wittkowski

04.08.2014 – 20:55 

Frankfurt (ots) -

Am vorigen Donnerstag war in Portugal die Welt noch in Ordnung. Okay, da gab es diesen unschönen Verlust von 3,6 Mrd. Euro, den sich der Banco Espírito Santo (BES) im ersten Halbjahr eingehandelt und in der Nacht gebeichtet hatte. Aber Staatshilfe? Ach was! Eine weit entfernte Möglichkeit, allenfalls im Notfall. Der neue Bankchef Vítor Bento wollte von Aktionären und potenziellen neuen privaten Investoren wissen, die Interesse gezeigt hätten, sich "maßgeblich" an einer Rekapitalisierung der Bank zu beteiligen. Die portugiesische Zentralbank - auch für die Bankenaufsicht zuständig - beeilte sich derweil zu versichern, dass es keine akute Bedrohung für das Institut gebe. Analysten der Citigroup erwarteten eine Kapitalerhöhung um 1,4 Mrd. bis 2,4 Mrd. Euro.

Das hat ja dann fast gestimmt. Am Wochenende war der Notfall da, die Bedrohung wohl doch akut. Knapp 5 Mrd. Euro muss ganz überwiegend der portugiesische Staat in die Hand nehmen, um den vermeintlich überlebensfähigen Teil des Konzerns zu retten. Die 380 Mill. Euro in einem von den Banken finanzierten nationalen Abwicklungsfonds hätten nicht ganz gereicht. Folglich bedient sich die Regierung mit dem flugs erteilten Segen aus Brüssel zum größeren Teil aus jenem Topf, den EU und Internationaler Währungsfonds (IWF) befüllt hatten, um den Euro, das Land und seine Banken zu retten.

Dabei scheint das Geld im Südwesten Europas vom Himmel zu regnen, ist der in der Nacht zum Montag beschlossene Plan doch laut Notenbankgouverneur Carlos Costa "ohne Risiko für den Staatshaushalt oder die Steuerzahler". Hallo? Wo kommen denn die von der Troika mobilisierten Mittel her, wer bürgt dafür? Dass der "Novo Banco" irgendwann reprivatisiert werden und der Abwicklungsfonds die geliehenen 4,4 Mrd. Euro tilgen kann, ist nicht mehr als ein Hoffnungswert. Käufer stehen heute weltweit auch für angeblich gesunde Teile faktisch kollabierter Banken nicht gerade Schlange. Und Beschwichtigungsversuche nach dem Motto "Das Feuerchen ist schon gelöscht" kennt man nur zu gut. Dann ist es bis zum Flächenbrand oft nicht weit.

Das Vertrauen in die Verantwortlichen in Lissabon hat erheblich gelitten, auch wegen der falschen Versprechungen der jüngsten Vergangenheit. Vielleicht hat Portugals Zentralbankchef Costa gerade deshalb Anlass, sich und seinem Publikum die Welt schönzureden. Warum haben seine Aufseher zum Beispiel von offenbar allzu riskanten BES-Garantien für Anleihen von Espírito-Santo-Gesellschaften - von KPMG im Geschäftsbericht 2013 mit einem Hinweis versehen - nichts bemerkt?

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