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Vertane Chance, Kommentar zum Ökostrom von Andreas Heitker

01.07.2014 – 20:45 

Frankfurt (ots) -

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ein überraschendes Urteil gefällt: Anders als von vielen Branchenexperten erwartet und vom Generalanwalt gefordert, entschieden die Luxemburger Richter, dass eine rein nationale Förderung von Ökostrom in der EU durchaus zulässig ist. Die Staaten müssen importierten Wind-, Wasser- oder Solarstrom nicht so subventionieren wie den eigenen.

Das Urteil erinnert an eine Entscheidung des EuGH aus dem Jahre 2001, als das Gericht eine Klage des PreussenElektra-Konzerns gegen das damalige Stromeinspeisegesetz abwies. Nur: Seit damals hat sich die europäische Energiewelt grundlegend geändert. Mittlerweile sind in allen EU-Staaten eigene Förderregime für Ökostrom entstanden, die nicht aufeinander abgestimmt sind. Mittlerweile muss es darum gehen, den seit Jahren beschworenen europäischen Binnenmarkt für Energie irgendwie zu realisieren. Der Geist des EuGH-Urteils spricht hier aber eine andere Sprache - auch deshalb ist es so überraschend. Die Richter unterstützen nämlich die Kleinstaaterei. Und damit ist eine große Chance vertan worden, Europa wirklich voranzubringen.

Was für ein Eigenleben ein einmal eingeführtes Förderregime haben kann, lässt sich zurzeit hervorragend in Deutschland beobachten: Nicht einmal eine große Koalition mit einer massiven Stimmenmehrheit im Bundestag schafft es noch, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) durchgreifend zu reformieren. Zu viele wirtschaftliche und politische Interessen sind mittlerweile im Spiel, so dass selbst kleine Weichenstellungen in die richtige Richtung mit Zugeständnissen an anderer Stelle erkauft werden müssen.

Ja, der Bundestag hat in der vergangenen Woche Änderungen des EEG beschlossen. Aber diese sind noch gar nicht in Kraft, da kursieren schon wieder neue Fahrpläne für weitere Anpassungen in der Energiepolitik in Berlin. Die wohl einzige Möglichkeit, das EEG wirklich noch einmal neu aufzustellen und in einen europäischen Rahmen einzubinden, wäre aber wohl Druck von außen: von der EU-Kommission oder auch durch den Europäischen Gerichtshof. Auch deshalb war der EuGH-Spruch jetzt eine vertane Chance.

Wäre das Urteil anders ausgefallen, wäre die deutsche Ökostromförderung wohl unter den absehbaren neuen Milliardenlasten zusammengebrochen. Dass die deutsche Politik dem EuGH-Urteil nun einvernehmlich Beifall klatscht, zeigt nur die Erleichterung, sich nun damit nicht auch noch befassen zu müssen.

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