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Politischer Börsengang, Kommentar zu den Plänen für die Vierländerbörse Euronext von Dieter Kuckelkorn

10.06.2014 – 20:45 

Frankfurt (ots) -

Der US-Marktbetreiber Intercontinental Exchange (ICE) drückt beim Börsengang seiner europäischen Kassamarktaktivitäten aufs Gaspedal. Jetzt liegen auch die Details auf dem Tisch, wobei sich zeigt, dass mit Euronext nicht gerade ein Juwel unter den Börsenbetreibern präsentiert wird. Bis zu 1,75 Mrd. Euro soll die Vierländerbörse wert sein. Sie ist damit ein Schatten ihrer selbst: Sie war einst noch vor der Deutschen Börse der größte europäische Börsenkonzern, und im Jahr 2006 boten die Frankfurter im Rahmen eines Fusionsvorschlags noch 8,6 Mrd. Euro.

Damals gehörte freilich noch als Schwergewicht die Londoner Derivatebörse Liffe zu dem Börsenkonzern. Dieses lukrative Geschäft will die ICE natürlich nicht abgeben. Insofern sind es eher die Ladenhüter im Reigen der Aktivitäten der ICE, die da abgestoßen werden sollen. Denn mit dem Kassamarktgeschäft lässt sich kaum noch Geld verdienen.

Das gilt auch für die Deutsche Börse. Dass diese mit 10,7 Mrd. Euro auf einen wesentlich höheren Börsenwert kommt, ist nicht dem Aktienhandel der Frankfurter Wertpapierbörse geschuldet, sondern den ertragsstarken Sparten Eurex und Clearstream, also Derivatehandel bzw. Abwicklung und Verwahrung von Wertpapieren. Dementsprechend standen die großen Börsenbetreiber nicht gerade Schlange, um der ICE Euronext abzukaufen.

Dennoch darf man die Prognose wagen, dass der Börsengang einigermaßen glatt über die Bühne gebracht werden wird. Es gibt nämlich durchaus Kreise, die an dem Deal sehr interessiert sind. Vor allem in Paris ist Regierung und Finanzplatz sehr daran gelegen, dass man die Kontrolle über die eigene Börse zurückerhält, die im Verlauf der Fusion des Jahres 2006 mit der New York Stock Exchange an die Amerikaner abgegeben worden war. Eine Schmach für die Grande Nation: Selbst das Rechenzentrum der alten Bourse de Paris wurde abgebaut und nach London verfrachtet. Wobei es nicht einer gewissen Ironie entbehrt, dass der aktuelle Euronext-CEO Dominique Cerutti heute für die Zurückgewinnung der Börse steht, während er 2006 zusammen mit dem damaligen Euronext-Konzernchef Jean-François Théodore den Durchgriff der Amerikaner sekundierte.

Für die sieben großen Kapitalmarktakteure aus den Euronext-Ländern, die als Ankeraktionäre dienen, hält sich das finanzielle Engagement übrigens in recht engen Grenzen: Für 33% der Aktien müssen sie gemeinsam nur rund 580 Mill. Euro aufbieten.

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