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Der Führungsstreit wird weitergehen/ Ein Leitartikel von Joachim Fahrun

17.05.2014 – 19:23 

Berlin (ots) -

Mehrheit ist Mehrheit. Aber 68 Prozent ohne Gegenkandidaten sind für den Landesvorsitzenden einer Regierungspartei eben kein stolzes Ergebnis. Zumal eine Woche vor der Europawahl und der für die SPD überaus bedeutenden Volksabstimmung über das Tempelhofer Feld.

Fast jeder dritte Delegierte beim Landesparteitag der Berliner SPD hat Jan Stöß bei seiner Wiederwahl die Gefolgschaft verweigert. Ein Mandat der Partei, nun unbedingt nach dem Amt des Regierenden Bürgermeisters greifen zu können, kann der Verwaltungsrichter aus dieser Wahl kaum ableiten.

Das Ergebnis ist noch nicht einmal ehrlich. Sicherlich haben Delegierte, die lieber den Fraktionschef Raed Saleh oder einen anderen Politiker an der Spitze der Berliner SPD gesehen hätten, um der viel beschworenen Geschlossenheit Willen für Stöß gestimmt. Wenn Saleh angetreten wäre, wie er es erwogen hatte, wäre wohl ein 50-zu-50-Resultat herausgekommen.

Aber der junge Fraktionschef hat sich gegen eine Kampfkandidatur entschieden. Und so dürfte der Führungsstreit in der Berliner SPD weitergehen. Wer wann Nachfolger von Klaus Wowereit werden soll, ist weiter offen. Der Parteitag brachte keine Hinweise darauf, dass sich die Lager angenähert hätten. Nur die Sehnsucht vieler Sozialdemokraten nach einer Führung, in der Senat, Fraktion und Landesvorsitzender nicht länger gegeneinander arbeiten, war deutlich zu spüren. Dieser Druck von unten dürfte nun zu einem Burgfrieden führen. Klaus Wowereit, der mit einem flammenden Plädoyer für Wohnungen in Tempelhof noch einmal Feuer aufblitzen ließ, muss sich auf die Partei zubewegen. Saleh, dessen Fraktion geschlossen dasteht, muss sich vorerst zurückhalten. Und Stöß wird nicht darum herumkommen, auf seine Gegner zuzugehen.

Der erste Test für die mühsame Einigkeit der Berliner SPD könnte schon nächste Woche anstehen. Wenn Europawahl und die Volksabstimmung zu Tempelhof für die SPD schief gehen, könnten Schuldzuweisungen die Wunden aufreißen. Letztlich wird die Berliner SPD nur nach vorne kommen, wenn sich die Protagonisten auf einen vernünftigen, einvernehmlichen Weg der Nachfolgeregelung verständigen. Dazu müsste einer der Herren sein Ego hintenanstellen. Das wäre im Interesse der Stadt. Denn Berlin leidet unter der Blockade in der SPD.

Der Leitartikel im Internet: www.morgenpost.de/128127053

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