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Eine politische Übung, Kommentar zum Bankenstresstest von Bernd Neubacher

29.04.2014 – 21:05 

Frankfurt (ots) -

Am Design für Europas Bankenstresstest lässt sich vieles aussetzen: Manchem mag der simulierte Konjunktureinbruch zahm vorkommen, andernorts stößt es offenbar sauer auf, dass EBA und EZB davor zurückschrecken, eine europaweit flächendeckende Deflation über drei Jahre durchspielen zu lassen. Eines steht fest: Schlimmer geht immer. Manchmal aber sollte man vorsichtig sein mit dem, was man sich wünscht. Was wäre denn gewonnen, würden die Stressszenarien weite Teile der Kreditwirtschaft unversehens wieder als deutlich unterkapitalisiert dastehen lassen? Nährten extreme Prämissen nicht den Verdacht, die Aufseher wüssten mehr als der Markt, und würde dies nicht erst recht Verunsicherung schüren? Der Stresstest bleibt eine politische Übung, bei der es, auch wenn die Akteure das Gegenteil behaupten, eben nicht darum geht, möglichst harte Tests zu konzipieren - die spielt eine gescheite Aufsicht bei Gelegenheit lieber im stillen Kämmerlein durch. Was zählt, ist allein, dass die Anleger wieder Vertrauen zu Europas Banken fassen. Ein als streng dargestellter Stresstest ist dabei ein Mittel zum Zweck.

Fest steht aber auch: Der Erfolg der Belastungsprobe hängt nur zum Teil davon ab, dass EBA und EZB die harten Aufseher geben. Wichtiger als ein paar läppische Basis- oder auch Prozentpunkte in Stressszenarien, die in exakt dieser Form ohnehin nie eintreten dürften, ist, dass die Großübung mit vorgeschalteter Asset Quality Review der EZB unfallfrei verläuft und ihre Protagonisten überzeugend auftreten. Dass dies nicht selbstverständlich ist, merkt man, wenn die EBA in einer Verlautbarung "EU-wise stress test" schreibt, wenn sie offenbar "EU-wide" meint, sowie angesichts der Dimension des Bilanztests: In den USA nahmen sich die von der Krise geschockten Aufseher 2009 zunächst 19 Banken per Stresstest zur Brust, zuletzt waren es 30.

Die EZB dagegen nimmt es bei ihrer Asset Quality Review gleich mit knapp 130 Banken auf, die zudem jeweils national unterschiedlicher Aufsicht unterliegen. Dass die Institute dabei etwa in der Frage, wie sie ihre Ad-hoc-Pflicht handhaben sollen, wenn sie vor der offiziellen Verkündung der Resultate im Oktober auf ein Loch in der Kapitaldecke stoßen oder gestoßen werden, noch immer im Unklaren gelassen werden, legt den Schluss nahe, dass selbst die Initiatoren des Bilanztests dessen potenzielle Probleme noch nicht geklärt haben. Solche praktischen Fragen aber schaffen beträchtliche Fallhöhe. Denn auf dem Spiel steht letztlich nichts weniger als der Erfolg der Bankenunion.

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