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Putin-Rally, Kommentar zur Krim-Krise von Bernd Wittkowski

18.03.2014 – 21:15 

Frankfurt (ots) -

Europas Aktienmärkte auf Erholungskurs: Na, dann ist ja die Welt in Ordnung, und wir können "Business as usual" betreiben. So ähnlich wie der Energiekonzern RWE. Im Angesicht der eskalierenden "Krim-Krise", die in Wirklichkeit längst mehr ist als der Konflikt um den Anschluss einer Halbinsel im Schwarzen Meer an Russland und ein paar eher symbolisch anmutende Sanktionen des Westens, schwankt die Welt mit der höchst volatilen Nachrichtenlage im Minutentakt zwischen Atem anhalten und Aufatmen. Zufällig ist es gerade genau 100 Jahre her, dass der Erste Weltkrieg ausbrach. Aber die Essener verkaufen ihre Gas- und Ölfördertochter RWE Dea gänzlich unbeeindruckt von der politischen Großwetterlage und deren Ausläufern in die Energieversorgung hierzulande ausgerechnet an eine russische Investorengruppe. Auf so eine Idee wäre kein Satiriker gekommen.

Oder weiß der Vorstand des Dax-Unternehmens mehr? So wie die Börsianer, die am Dienstag allen Ernstes glaubten, eine "Putin-Rally" erkannt zu haben? Hat der Markt immer recht? Oder spinnen die mal wieder? Tatsache ist: Kurz vor Börsenschluss in Deutschland wurde der erste tote ukrainische Soldat auf der Krim gemeldet. Und kurz nach dem förmlichen Vollzug der Krim-Annexion erklärte der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk, die Krise sei vom politischen in ein militärisches Stadium übergegangen; er konstatierte einen Angriff russischer Soldaten auf ukrainische Streitkräfte, der "ein Kriegsverbrechen" darstelle. Der Finger am Abzug sitzt erkennbar locker, dafür hätte es gar nicht erst der Aussage des Kiewer Übergangspräsidenten Alexander Turtschinow am Abend bedurft, die auf der Krim stationierten Soldaten seines Landes dürften sich mit Waffengewalt verteidigen, wenn ihr Leben bedroht sei. Das ist rhetorisch nicht mehr weit weg vom Schießbefehl.

Nach dem Krim-Referendum zur Vereinigung mit Russland dauerte es zwei Tage, nach dem Beschluss der Samthandschuh-Sanktionen durch die EU-Außenminister einen Tag, bis der Konflikt ganz real in der westlichen Wirtschaft ankam - da war zwischen russischen und ukrainischen Soldaten noch nicht der erste Schuss gefallen. Unternehmen beginnen wegen der Befürchtung eines langen - wenn es denn dabei bliebe - kalten Krieges eine zögerliche Auftragsvergabe ihrer Kunden zu spüren. Derweil zeigt der ZEW-Index als Folge der politischen Krise schon eine stärkere Eintrübung der Konjunkturaussichten an. Aber Dax & Co. sind auf Erholungskurs. Da kann man den Investoren nur zurufen: Unsere besten Wünsche begleiten sie!

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