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Späte Einsicht, Kommentar zur kalten Progression von Angela Wefers

10.03.2014 – 20:50 

Frankfurt (ots) -

Seit die Gewerkschaften entdeckt haben, dass die kalte Progression ihnen die Tarifabschlüsse vermasselt, sind Überlegungen zur Einkommensteuersenkung plötzlich wieder en vogue. Auch SPD-Parteichef Sigmar Gabriel zeigt späte Einsicht. Auch er hat nun herausgefunden, dass der schleichende Zugriff des Fiskus auf steigende Löhne "ungerecht" ist. In der Tat: wenn sich am Steuertarif nichts ändert, kassiert durch dessen progressiven Verlauf das Finanzamt große Teile von Lohnzuwächsen. Den Arbeitnehmern bleibt nur ein Bruchteil.

Vor knapp zwei Jahren hatten SPD und Grüne das schwarz-gelbe Vorhaben, die kalte Progression wenigstens zu mildern, im Bundesrat gestoppt. Auch in Koalitionsverhandlungen kam die Union damit keinen Zentimeter voran. Die SPD mauerte bei Steuersenkungen, CDU und CSU stemmten sich gegen Steuererhöhungen. So blockierten sich beide. Gabriels schöne Geschichte aber, die Union habe sich der Umverteilung innerhalb der Steuerlast - weg von den mittleren hin zu den höheren Einkommen - verweigert, ist ein Ammenmärchen: Die Schilderung über die Haltung von CDU und CSU stimmt, aber die Fabel, aus der zusätzlichen Last für höhere Einkommen ließe sich spielend der Abbau der kalten Progression aufkommensneutral finanzieren, grenzt an Volksverdummung.

Es gibt zu wenig "Reiche", als dass diese einen solchen Betrag locker schultern könnten. Um die kalte Progression komplett zu neutralisieren, wären Steuersenkungen in zweistelliger Milliardenhöhe nötig. Um sie wenigstens zu mildern, hatte Schwarz-Gelb 6 Mrd. Euro vorgesehen. Die sogenannte Reichensteuer für Einkommen ab 250000 Euro, die ein Spitzensatz von 45% belastet, spielt alles in allem rund ein Zehntel davon ein. Der Spitzensatz müsste also massiv steigen und auch viel niedrigere Einkommensgruppen erfassen. Betroffen wären davon nicht nur Privatpersonen, sondern in jedem Fall auch Personengesellschaften.

Nachhilfe hat der SPD-Chef zum Zahlenwerk des Bundeshaushalts nötig. Denn Schwarz-Rot baut keineswegs mit Überschüssen den Schuldenberg ab, wie es Gabriel suggeriert und als Grund für die verweigerte Steuersenkung nennt. Schwarz-Rot verspricht lediglich, von 2015 an keine neuen Schulden mehr zu machen. Vor allem die SPD, aber auch die Union haben mit zahlreichen Ausgabenwünschen die sich abzeichnenden Überschüsse nach 2015 schon verfrühstückt. Steuersenkungen blieben dabei auf der Strecke.

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