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Suchtmaschine, Kommentar zu Google von Detlef Fechtner

05.02.2014 – 20:55 

Frankfurt (ots) -

Man kann trefflich darüber streiten, ob die Zugeständnisse reichen, die Google den EU-Wettbewerbshütern angeboten hat, oder nicht. Egal ob Juristen, Ökonomen oder Internet- Nutzer: Es wird jede Menge Fürsprecher geben, die behaupten, dass damit ein fairer Wettbewerb sichergestellt ist. Und es wird eine große Zahl Kritiker geben, die Googles Korrekturen für völlig untauglich erklären, um den Konkurrenten eine angemessene Chance zu geben. Ob es reicht, drei Rivalen von Google auf Seite 1 der Suchergebnisse zu zeigen, oder ob es nicht ein unlauterer Vorteil ist, wenn zunächst nur die Google-Treffer auf der Landkarte erscheinen. Das und vieles andere kann man so oder so sehen.

EU-Kommissar Joaquín Almunia hat drei Dinge klargestellt. Erstens: Die EU ist nicht da, um Wettbewerber zu schützen, sondern Wettbewerb. Zweitens: Es geht nicht darum, dass Unternehmen ihre Wettbewerber identisch wie ihre konzerneigenen Dienste behandeln, vielmehr gleichwertig. Drittens: Manchmal ist es aus Sicht der EU sinnvoller, Zugeständnisse zu akzeptieren, die schnell umgesetzt werden können, statt über 15 Runden zu gehen und damit in Kauf zu nehmen, dass ein Marktführer seine Position noch über viele Jahre ausnutzen kann. Diese drei Klarstellungen lassen sich zusammenfassend als ein grundsätzliches Zugeständnis des obersten EU-Wettbewerbshüters lesen: Kartellverfahren der EU schaffen keine letzte Gerechtigkeit, sondern zielen auf pragmatische Lösungen, um eine Störung des Wettbewerbs möglichst rasch und möglichst wirkungsvoll abzustellen. Mit Betonung auf möglichst. Der Spanier weist damit zum Ende seiner Amtszeit auf die Grenzen des EU-Wettbewerbsrechts hin. Brüssel kann zwar eingreifen, wenn ein Quasimonopolist - etwa indem er Dienste seiner Rivalen willkürlich aus Suchlisten verbannt - seine Kunden nur noch von sich und seinen konzerneigenen Diensten abhängig zu machen versucht. Aber die EU-Kommission kann nicht vorschreiben, dass ein Marktführer überhaupt nicht mehr auf eigene Services hinweisen darf. Kurz und gut: Die EU darf Suchmaschinen nur jene Praktiken verbieten, die sie in Suchtmaschinen verwandeln. Dafür, dass Internet-Nutzer demnächst, wenn sie eine Reise buchen wollen, problemlos die Möglichkeit haben, sich von Expedia, Tripadvisor und Co. beraten zu lassen, muss die EU-Kommission sorgen. Dafür, dass die Kunden es dann auch tatsächlich tun, sind jedoch nicht Wettbewerbshüter verantwortlich. Sondern die Wettbewerber.

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