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High Noon, Kommentar zur Bankenabwicklung von Detlef Fechtner

04.02.2014 – 20:55 

Frankfurt (ots) -

Griechenlands Vizepremier Evangelos Venizelos hat nach der EU-Parlamentsdebatte über den Mechanismus zur Abwicklung maroder Banken ein positives Fazit gezogen. Er habe vieles gehört, was dafür spreche, dass ein Kompromiss nahe sei. Das haben wir nicht gehört. Entweder war etwas falsch mit der griechischen Übersetzung - ein Eindruck, der sich in Brüssel öfter aufdrängt. Oder Venizelos hat nur denen gelauscht, denen er zuhören wollte. Die meisten Abgeordneten jedenfalls waren auf Krawall gebürstet.

Gewiss, die wahrscheinlichste Variante ist nach wie vor, dass sich Parlament und Rat in den nächsten Wochen doch noch einigen. Aber sicher ist das längst nicht mehr. Denn viele Abgeordnete haben das Ringen um die Abwicklung zu einer Grundsatzfrage erhoben. Damit besteht - zumal in Zeiten des Wahlkampfs - die Gefahr, dass die Sache eine eigene Dynamik erhält.

Die Vorwürfe an die Finanzminister haben längst den engen Rahmen sachlicher Erwägung verlassen. Es wird kräftig ausgeteilt - und zusehends schwieriger, in einen Kompromiss einzuwilligen, ohne das Gesicht zu verlieren. Die EU-Abgeordneten haben sich auf den Bundesfinanzminister eingeschossen, so als ginge es nur um dessen Bockigkeit. Verschwiegen wird, dass auch Niederländer und Finnen auf eine Regierungsverabredung pochen - und mancher gar noch mehr darin untergebracht sehen möchte als Berlin.

Chancen für Kompromisse gibt es sicherlich - beim Tempo der Befüllung des Abwicklungsfonds oder bei den Entscheidungsverfahren. Dass sich aber der Rat darauf einlässt, ganz auf die Regierungsverabredung zu verzichten, von Beginn an einen vergemeinschafteten Fonds zu billigen und weitere Auffanglösungen zu installieren, ist nicht zu erwarten. Die Griechen als Verhandler können es deshalb nicht einmal in Aussicht stellen.

Morgen zur Mittagsstunde wird es daher spannend, denn das EU-Parlament stimmt ab - High Noon. Einige sind mittlerweile bereit, die Tür zuzuschlagen, indem sie die erste Lesung formal beenden. Noch ist dafür keine Mehrheit erkennbar. Aber wie gesagt: Niemand sollte die Eigendynamik unterschätzen.

Eine Verschiebung auf Sankt Nimmerlein wiederum hätte weitreichende Folgen. Denn dann würde zur Bilanzprüfung und zum Start der Euro-Aufsicht Ungewissheit über die künftige Entsorgung von Pleitebanken herrschen. Was das alles heißen würde, ist eine Frage für Akademiker. Es sei denn, es läuft morgen Mittag schlecht. Dann wird die Frage sehr rasch auch Investoren beschäftigen.

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