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Keine Regeln, kein Europa / Leitartikel von Jochim Stoltenberg

22.03.2013 – 20:02 

Berlin (ots) -

Verträge werden geschlossen, um die Grundlage für ein berechenbares, verlässliches Miteinander zu zu schaffen. In guten wie in schlechten Zeiten. Auch ein eigentlich wunderbares Gemeinschaftswerk kann zerstört werden, wenn geschlossene Verträge billigend durchlöchert, gar missachtet werden. Der Missmut so vieler Menschen gegenüber dem immer größer werdenden gemeinsamen Europa wie die Sorge um die Stabilität der gemeinsamen Euro-Währung gründet entscheidend darauf, dass gemeinsam beschlossene Regeln der jeweiligen Opportunität geopfert wurden. Eine Laxheit, welche die EU in ihre Doppelkrise gestürzt hat. Hätten die Staats- und Regierungschefs ihre beschlossenen Aufnahmekriterien für neue EU- Mitglieder ernst genommen, stünden beispielsweise Rumänien und Bulgarien weiter auf der Warteliste. Vergleichbares gilt für den Beitritt zum Euro-Klub. Für ihn gibt es nach dem EU-Stabilitäts- und Wachstumspakt klar formulierte Voraussetzungen und danach eindeutige Verhaltensregeln. Weil wiederum nicht befolgt wurde, was alle Euro- Mitglieder unterschrieben haben, plagt uns die Krise der Gemeinschaftswährung. Griechenland und Zypern sind beileibe nicht die Einzigen, die wortbrüchig geworden sind. Sie aber haben es besonders toll getrieben. Europa wird seine doppelte Identitätskrise nur überwinden, wenn sich seine politische Führung endlich wieder voll dem verpflichtet fühlt, was sie den Menschen einst versprochen haben. Konkret bedeutet das auch, wer die Voraussetzungen zum Beitritt nicht umfänglich erfüllt, darf nicht aufgenommen werden. Und für den Euro-Raum gilt: Wer sündigt, darf auf Nachsicht nicht zählen. Griechenland zumindest hat sich einem Sanierungsprogramm unterworfen, das hoffen lässt. Von vergleichbarer Einsicht kann bei den Zyprern bislang leider keine Rede sein. Und weil der Inselstaat viel kleiner und wirtschaftlich weitaus weniger auf die Waage bringt, ist es überfällig, ein Exempel zu statuieren. Die Euro-Finanzminister müssen auf ihrem Lösungsansatz bestehen, der einen milliardenschweren zyprischen Eigenanteil verlangt. Vornehmlich aus zwei Gründen. Die Steuerzahler in den Gläubigerländern sind keine Kühe, die man immer wieder bedingungslos melken und zudem noch beschimpfen kann. Vor allem muss ein Signal an die anderen schwächelnden Euro-Länder mit weit größerer volkswirtschaftlicher und finanzpolitischer Bedeutung gesendet werden, dass Verträge wie Verpflichtungen mehr sind als ein beliebiges Stück Papier. r bestimmt. Den nächsten entscheidenden Test dafür haben die StaaGeben die Finanzminister einmal mehr nach und lassen gegenüber Zypern Gnade vor Recht ergehen, bricht der letzte Damm zur Stabilisierung des Euro. Dann tanzen fortan die Schwachen auf der Nase der Starken herum. Die Zukunft des Euro aber wird von der Vertragstreue der Mitgliedets- und Regierungschefs schon beschlossen. Im Fiskalpakt haben sie sich vor allem auf deutsches Drängen zu solider Haushaltsführung und zum Schuldenabbau verpflichtet. Verkommt auch dieser Vertrag zu einer leeren Worthülse, könnte es um den Euro geschehen sein.

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