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Der Wettbewerb wird härter Regina Köhler über den Warnstreik der Lehrer und Erzieher in Berlin

18.02.2013 – 21:08 

Berlin (ots) -

Was waren das noch für Zeiten, als fast alle Lehrer Beamte waren: Streiks gab es da nicht. Inzwischen sind in Berlin fast ein Viertel der Pädagogen nur noch Angestellte. Das heißt, sie haben weniger finanzielle Sicherheiten, aber auch: Sie dürfen streiken. Was das bedeuten kann, war am Montag zu erleben. Ganztägig haben sich rund 5000 Lehrer und Erzieher in den Ausstand begeben. 200 Berliner Schulen waren betroffen. Unterricht musste ausfallen, die Betreuung der Kinder war nicht gesichert. Eltern mussten sich etwas einfallen lassen.

In Berlin ist die Streikbereitschaft groß. Die angestellten Lehrer kämpfen hier nicht nur für die bundesweiten Forderungen nach 6,5 Prozent mehr Gehalt, sondern auch darum, ihren verbeamteten Kollegen gleichgestellt zu werden. Zudem fordern sie eine sichere tarifliche Regelungen ihrer Bezahlung. Diese Forderungen sind berechtigt. Es kann nicht sein, dass Lehrer in einer Stadt für die gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden. Zwar hatte der Senat im Jahr 2009 eine Gehaltserhöhung für die angestellten Lehrer beschlossen. Diese ist aber nur bis 2017 gesichert.

Doch während die Lehrer ihre Forderungen lautstark nach außen tragen, ist von den Erziehern nur wenig zu hören. Dabei ist diese Berufsgruppe - in der Hauptstadt arbeiten 4500 Erzieher an den Schulen, 5500 bei den kommunalen Kitas und 15.000 bei Freien Trägern - besonders stark beansprucht. An den Schulen sind die Erzieher nicht nur für die Hortbetreuung verantwortlich, sondern auch in den Unterricht eingebunden. Ihre Bezahlung ist deutlich schlechter als die der Lehrer. Dass sie jetzt ebenfalls streiken, ist nachvollziehbar. Dabei geht es nicht nur um mehr Gehalt, sondern auch darum, dass ihr Einsatz im Unterricht endlich verbindlich geregelt und ihnen eine wöchentliche Vor- und Nachbereitungszeit von neun Stunden zugebilligt wird. Auch ihren Urlaub wollen sie sich nicht beschneiden lassen. Der Arbeitgeber hat vor, ihnen statt 30 Tagen künftig nur noch 26 Urlaubstage pro Jahr zuzugestehen. Dagegen wehren sie sich völlig zu Recht.

Was Lehrer und Erzieher eint, ist die Tatsache, dass in den kommenden Jahren auch in Berlin Tausende von ihnen in den Ruhestand gehen. Doch schon jetzt ist bundesweit ein heftiger Wettbewerb um den Nachwuchs in diesen Berufen entbrannt. Andere Bundesländer locken mit Verbeamtung, höheren Löhnen. In Berlin ist dagegen jetzt schon sicher, dass die Zahl der angestellten Lehrer weiter zunehmen wird - und damit auch die Zahl der Streiks. Bald schon könnten noch mehr Schulen lahmgelegt werden. Nicht auszudenken, wenn das in der Prüfungszeit passiert. Was die Kitas betrifft, sollte sich der Senat nur einmal vor Augen halten, dass in Berlin noch 11.000 Kita-Plätze fehlen und damit auch Erzieherinnen.

Angesichts dieser Tatsachen ist es kaum zu glauben, dass sich in der Hauptstadt nichts bewegt. Die Bildungsverwaltung ist sich des Problems zwar bewusst, doch Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sind die Hände gebunden. Sie hat kein Geld für höhere Gehälter und neue Stellen. Es wird deshalb höchste Zeit, dass sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) für die Misere interessiert. Er ist der Chef - noch.

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