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Energiewende schöngerechnet Daniel Wetzel über den Regierungsbericht zur Energiepolitik

19.12.2012 – 20:32 

Berlin (ots) -

Die Bundesregierung hat sich selbst erwartungsgemäß ein gutes Zeugnis über den Fortgang der Energiewende ausgestellt. Die Belege für diese Selbsteinschätzung sind zwar dürftig. Doch nachdem die Koalition die Veröffentlichung ihres Zwischenberichts tagelang hinausgeschoben hatte, kann sie nun immerhin ein paar halbwegs handfeste Erfolge vorweisen: Das Geld zur Förderung der Gebäudesanierung wurden geringfügig aufgestockt. Außerdem liegt jetzt ein Gesetzentwurf zum Ausbau der Stromnetze vor. Als kameratauglichen Beweis dafür, dass es vorangeht, konnte Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Woche sogar persönlich ein kurzes, aber strategisch wichtiges Stück Stromleitung zwischen Hamburg und Schwerin in Betrieb nehmen. Das verlieh der regierungsamtlichen Botschaft zur Energiewende immerhin einen Anschein von Plausibilität: Der Weg ist hart, aber die Richtung stimmt. Wenn dem nur so wäre. Mit einer schonungslosen Zwischenbilanz hat der von der Bundesregierung präsentierte Bericht wenig zu tun. Denn zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme hätte der Befund gehört, dass es in Wirklichkeit nur in zwei Teilaspekten der Energiewende ansatzweise gut läuft, und dies auch nur dann, wenn man diese Aspekte isoliert betrachtet. So konnten die Erzeugungskapazitäten für Ökostrom zwar auf 25 Prozent stark ausgebaut werden, allerdings ist dies ein teuer erkaufter Erfolg, bezahlt mit Subventionen von inzwischen 20 Milliarden Euro pro Jahr. Die beträchtlichen Risiken für die System- und Versorgungssicherheit, für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, für den Kaufkrafterhalt der Bevölkerung rechnet die Bundesregierung da aus gutem Grund nicht gegen. Auch bei der Netzplanung hat das Bundeswirtschaftsministerium zwar keine schlechte Grundlage geliefert, die fristgerechte Umsetzung des Leitungsbaus ist dennoch höchst unsicher: Schon von 2015 an sollen weitere Atomkraftwerke im ohnehin unterversorgten Süddeutschland vom Netz gehen. Dass die geplanten "Stromautobahnen" mit ihrer bislang kaum erprobten Gleichstromtechnik rechtzeitig genügend Windstrom aus dem Norden herbeischaffen können, ist unwahrscheinlich. Für die Beantwortung der Kernfragen der Energiewende hat die Bundesregierung noch keine Lösung, so viel wird aus dem Monitoringbericht deutlich: Der Aufbruch des uferlos gewordenen Subventionssystems. Die Wiederherstellung eines Marktes für Elektrizität, der Investoren verlässliche Preissignale liefern kann. Die Synchronisation von erneuerbaren Energien, konventionellen Reservekraftwerken und Speichern. Die Sanierung des energiefressenden Häuserbestandes. Die Koordination der Bundesländer, die alle ihre eigenen Energiewenden verfolgen. Auch, die Energiewende in den europäischen Strommarkt einzubinden, gehört zu den unerledigten Aufgaben der Bundesregierung. Dass es in all diesen Punkten im Wahlkampfjahr 2013 nennenswert vorankommt, ist nicht zu erwarten. Im Griff hat die Regierung den Umbau der Energieversorgung noch lange nicht.

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