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Selbstbindung mit Risiken, Kommentar zur EZB von Mark Schrörs

04.07.2013 – 20:50 

Frankfurt (ots) -

Die Überraschung ist gelungen: Erstmals in ihrer Geschichte hat sich die Europäische Zentralbank (EZB) in Sachen Zinspolitik im Voraus festgelegt: Die Leitzinsen würden "für einen längeren Zeitraum" auf dem aktuell rekordniedrigen Niveau oder gar noch darunter bleiben. Wenngleich die Motivation dahinter verständlich ist und der Schritt verglichen mit anderen Optionen Vorteile hat - ohne Risiken ist er nicht.

Draghi selbst nannte den Schritt gestern "beispiellos". Das Wort "historisch" scheint also angemessen. Tatsächlich hatte die EZB stets betont, dass sie sich niemals im Vorhinein festlege. Das war zwar schon aufgeweicht worden mit dem Versprechen, dass die Geldpolitik "so lange wie nötig" locker bleibe. So explizit wie jetzt war diese Selbstverpflichtung aber nicht.

Mit der Maßnahme stemmt sich die EZB gegen den jüngsten Anstieg vor allem der langfristigen Zinsen an den Geldmärkten und bei den Euro-Staatsanleihen, der ausgelöst worden war durch das angekündigte Auslaufen der ultralockeren Geldpolitik in den USA. Denn de facto kommt dieser Anstieg einer Straffung der Geldpolitik im Euroraum gleich, die die EZB derzeit nicht will - und die auch nicht angemessen ist: Die Wirtschaft scheint sich gerade erst aus der Rezession herauszukämpfen, die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordhoch und die Inflation liegt deutlich unter Zielwert.

Statt nun hektisch mit einer Leitzinssenkung gegenzusteuern, versucht die EZB erst einmal, mit Worten die Zinsen wieder zu drücken und die Eurozone abzukoppeln von der Fed. Sie kann so zunächst abwarten, wie sich die Lage an den Märkten entwickelt. Einige Notenbanker werden hoffen, so um eine Zinssenkung herumzukommen.

Der Schritt birgt aber auch Risiken. Die Turbulenzen um den Kurs der Fed, die auch auf diese "Forward Guidance" gesetzt hat, belegen ja nicht zuletzt die Probleme, wenn eine Notenbank die Vorfestlegung wieder loswerden und eine Kurswende einleiten will. Hinzu kommt, dass sich die EZB stets gerühmt hatte, dass ihr der "Exit" leichter fallen werde. Weil sie vor allem auf Liquiditätshilfen für die Banken setzt, gelinge er quasi "automatisch", da die Institute mit Besserung der Lage weniger Geld nachfragten. Dieser Vorteil ist nun zumindest eingeschränkt.

Vor allem aber bleibt es am Ende bei einer Erkenntnis: Mit all ihren Maßnahmen kann die EZB die Ursachen der Krise nicht beseitigen. Vordringlich wäre etwa gerade eine Bereinigung der Bankbilanzen. Da aber ist am Ende die Politik gefragt. Sie muss endlich entschiedener handeln.

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