Business Day Swissmechanic zum Thema Energie: Lösungswege gefragt, nicht Schlagwörter
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Business Day von Swissmechanic zum Thema «ENERGIE – Geht der Schweiz der Strom aus?»
Lösungswege gefragt, nicht Schlagwörter
Erwartet uns im Winter eine Mangellage? Droht ein Blackout? Brechen astronomische Energiepreise unseren KMU das Genick und leiten eine Rezession ein? Wie bereitet sich die Schweiz vor? Die Unsicherheit ist gross, die Fragen zahlreich.
Swissmechanic, der führende Arbeitgeberverband der KMU in der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie, ging am 6. September am traditionellen Business Day vertieft aufs topaktuelle Thema «ENERGIE – Geht der Schweiz der Strom aus?» ein. Hochkarätige Fachleute – erfahrene Koryphäen auf ihrem Gebiet – nahmen das Thema Energie und Umwelt aus ihrem ganz spezifischen Blickwinkel unter die Lupe.
Kühlen Kopf bewahren
«Im Moment überhäufen sich Politik, Parteien und Verbände mit Vorwürfen, Schuldzuweisungen und wilden Forderungen. Es wird heiss gestritten, wer zu opportunistisch oder allzu leichtfertig gewesen ist und wem der Sündenbock zugewiesen werden kann. Wir brauchen jetzt aber keine Schlagwörter, die zwar ein mediales Echo auslösen, aber kaum Wissen vermitteln und kaum Lösungswege aufzeigen. Wir brauchen klare Fakten, damit wir Lösungen finden, die in der Realität funktionieren», monierte Jürg Marti, Direktor von Swissmechanic, in seiner Begrüssungsrede.
Kritik an Europas Klimapolitik
Nationalökonom und Finanzwissenschaftler Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, einer der wichtigsten Köpfe Deutschlands und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, referierte über das Klimaproblem und die Schweizer Energiewende. Sein Fazit: «Das Klima kann man nicht schützen, ohne bindende weltweite Abkommen zu schliessen und zu kontrollieren. Europas Unilateralismus bei der Klimapolitik wird die Wettbewerbsfähigkeit seiner Industrien unterminieren, den wirtschaftlichen Niedergang einleiten und andere Länder abhalten, dem europäischen, speziell dem deutschen Weg zu folgen.»
Was im Krisenfall geschehen soll
Werner Meier, diplomierter Elektroingenieur ETH, schon für mehrere Unternehmungen im Energiebereich tätig und seit 2016 Delegierter für wirtschaftliche Landesversorgung, erläuterte, bei welchen Gefährdungen und auf welche Weise die wirtschaftliche Landesversorgung einschreitet. Dann ging der Delegierte auf die laufenden Vorbereitungen der Schweiz auf eine Gas- und Strommangellage ein.
Blockade-Mentalität überwinden
Dr. Suzanne Thoma, diplomierte Chemieingenieurin (ETH Zürich), Doktorin der technischen Wissenschaften, Verwaltungsratspräsidentin der Sulzer AG und zuvor neun Jahre CEO der BKW AG mahnte: Die Energieversorgung der Schweiz sei zu mehr als 60 Prozent vom Ausland abhängig (Erdöl und Gas), die Abkehr von fossilen Energieträgern führe zu weiterem Bedarf an Elektrizität. Jederzeit genügend Strom über den Tagesverlauf benötige weitere Stromquellen bzw. Stromimport. Zeitweise bestünden bis zu 7 GW Unterdeckung. Thoma sprach von einem «Trilemma» der Schweizer Strompolitik. Diese habe drei Hauptprobleme: einen limitierten Import (stark reduzierte Kapazität Frankreichs, Gasmangel für deutsche Gaskraftwerke, kein EU-Stromabkommen), den steigenden Stromverbrauch und begrenzte Ausbaumöglichkeiten. Ein massiver Ausbau der Solarenergie löse das Problem nicht genügend. Steuerbare Gaskraftwerke als Übergangslösung seien ein «must». Man müsse Investitionsanreize setzen, die Blockade-Mentalität für Ausbauprojekte überwinden und die Situation mit Europa klären, denn Energie sei sicherheitsrelevant. «Den Fünfer und das Weggli gibt es mit keiner Energiestrategie», erklärte Thoma in der Diskussionsrunde.
Polit-Talk
Die Sichtweise einer liberalen Energiepolitik vertrat Thierry Burkart, Rechtsanwalt und Parteipräsident der FDP, an einem Polit-Talk mit Moderatorin Claudia Steinmann, Chefredaktorin von Tele Z. Im Hinblick auf einen allfälligen Ausstieg aus der Atomenergie propagierte Burkart ein sequenzielles Vorgehen: zuerst die Gewährleistung der kurzfristigen Stromversorgungssicherheit, mittelfristig eine Dekarbonisierung und erst langfristig die Atomenergie-Diskussion.
Weiter gab Burkart zu bedenken, dass die Schweiz ihre eigenen Hausaufgaben erledigen müsse, im Sinn einer vollständigen Liberalisierung des Strommarktes, bevor an ein Stromabkommen mit der EU zu denken sei.
Burkart schloss die anschliessende Diskussion mit dem Swissmechanic-Publikum mit der Aussage: «Ihr seid systemrelevant, Ihr seid too many to fail!»
Sichere moderne Kernkraftwerke
Dr. Marc Kenzelmann, seit 2020 Direktor des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI), stellte den Anwesenden die Kernkraftwerke der aktuell vier Generationen und ihre Sicherheitssysteme vor. Während bei Kraftwerken der aktuell vorherrschenden Generation zwei (bei 500 Reaktoren weltweit) ein schwerer Unfall statistisch alle 200 bis 2’000 Jahre eintritt, sind Reaktoren der Generation drei vor allem dank passiver Sicherheitssysteme zehnmal sicherer (ein schwerer Unfall alle 20’000 Jahre). Angesprochen auf die Strahlenbelastung, erklärte Kenzelmann als Walliser, dass die natürliche Strahlung in seinem Heimatkanton gleich hoch sei wie die aktuelle Strahlenbelastung in heute noch gesperrten Gebieten um Fukushima.
Internationale Abstimmung fehlt
Daniel Büchel, Vizedirektor des Bundesamtes für Energie (BFE) und Programmleiter von EnergieSchweiz, gab einen Überblick über die aktuelle Energiesituation und kurz- und längerfristige Massnahmen für die Bewältigung einer Strom- und Gasmangellage. Die Herausforderung in Europa sei, so Büchel, dass sich zwar alle Länder gleichzeitig in der Energiewende befinden, aber sich dabei untereinander nicht abstimmen.
Abschliessend ging Büchel auf Energiethemen ein, die KMU der MEM-Branche betreffen, und zeigte auf, in welchen Bereichen der Bund die Betriebe bei der Umsetzung von Energiesparmassnahmen unterstützt.
Umrahmt wurde der Business Day von zahlreichen Ausstellern, die ihre neuesten Entwicklungen präsentierten, vorab zum Thema Energie. Die anwesenden Unternehmer nutzten die Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen und den Referenten kritische Fragen zu stellen.
Fotolegenden:
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Prof. Dr. Hans-Werner Sinn: «Das Klima kann man nicht schützen, ohne bindende weltweite Abkommen zu schliessen und zu kontrollieren.»
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Dr. Suzanne Thoma: «Den Fünfer und das Weggli gibt es mit keiner Energiestrategie.»
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Thierry Burkart im Polit-Talk mit Claudia Steinmann: «Ihr Swissmechaniker seid systemrelevant, Ihr seid too many to fail!»
Für weitere Auskünfte:
Roland Goethe, Präsident Swissmechanic, roland.goethe@goethe.swiss, +41 55 646 80 78
Dr. Jürg Marti, Direktor Swissmechanic, j.marti@swissmechanic.ch, +41 71 626 28 00
Italienisch: Nicola Roberto Tettamanti, Präsident Wirtschaftskommission Swissmechanic, nicola.tettamanti@tecnopinz.com, 079 419 01 14
Französisch: Samuel Vuadens, Präsident GIM-CH, s.vuadens@mecatis.ch, 079 293 38 38
SWISSMECHANIC ist der führende Arbeitgeberverband der KMU in der MEM-Branche. Die 1200 angeschlossenen Betriebe beschäftigen mehr als 65’000 Mitarbeitende, davon 6000 Lernende, und generieren ein jährliches Umsatzvolumen von rund 15 Milliarden Schweizer Franken. Die Dachorganisation Swissmechanic umfasst 15 selbstständige Sektionen, eine nationale Organisation und zusätzlich assoziierte Organisationen.
SWISSMECHANIC Schweiz Felsenstrasse 6 8570 Weinfelden Tel. 071 626 28 00 kommunikation@swissmechanic.ch