Medienmitteilung
BFS: Dritter Bericht zur Gleichstellung von Frau und Mann
2003-11-27T09:15:00
(ots) - Dritter Bericht zur Gleichstellung von Frau und Mann
Stillstand auf dem Weg zur Gleichstellung Zwar konnte in den neunziger Jahren eine eindeutige Verbesserung der
Situation von Frauen im Vergleich zu derjenigen von Männern
festgestellt werden, seit der Jahrtausendwende deutet Vieles aber
auf eine Verlangsamung oder gar einen Stillstand dieser Entwicklung
hin. Vor allem im Bereich der Lohnunterschiede und der politischen
Vertretung, aber auch bei der Aufteilung der Haus- und
Familienarbeit, bei der Erwerbssituation und sogar im
Bildungsbereich scheint sich kaum etwas zu bewegen. In seinem
dritten ausführlichen Bericht zur Gleichstellung von Frau und Mann
zieht das Bundesamt für Statistik (BFS) Bilanz in Sachen
Gleichstellung. Über die betrachteten Lebensbereiche hinweg können
nur gerade zwei eindeutige Vorteile für die Frauen gegenüber den
Männern ausgemacht werden: Frauen werden im Durchschnitt älter als
Männer und Frauen kommen deutlich weniger häufig mit dem Strafrecht
in Konflikt. In den meisten Lebensbereichen zeigen sich aber klare
Vorteile für die Männer. Im Bildungsbereich bestehen für Frauen
immer noch wichtige Defizite Frauen verfügen häufiger als Männer
über keine nachobligatorische Bildung (2002: 23% der 25-64-jährigen
Frauen und 14% der Männer) und höhere Abschlüsse werden mehrheitlich
von Männern erworben. Die Bildungsunterschiede haben im Laufe der
Zeit abgenommen. Vor allem auf der Tertiärstufe bestehen sie nach
wie vor, obwohl der Frauenanteil zumindest bei den Studienanfängern
und anfängerinnen zugenommen hat. Für beide Geschlechter nehmen die
Abschlussquoten zwar kontinuierlich zu, ohne dass sich jedoch der
Abstand zwischen ihnen verringern würde. Seit 1991 bleibt dieser bei
rund 16 Prozentpunkten. Zudem ist die Berufs - sowie die
Studienfächerwahl in der Schweiz immer noch stark geprägt von
geschlechtlich fixierten Zuschreibungen. Bei der Erwerbsarbeit sind
Frauen schlechter gestellt als Männer Seit den sechziger und noch
deutlicher seit Anfang der neunziger Jahre ist die Erwerbsquote der
Frauen zwischen 15 und 64 Jahren gestiegen (2003 beträgt sie 74%;
für Männer 88%). Mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen
arbeiten jedoch Teilzeit, gegenüber jedem zehnten Mann. Vor allem
Mütter mit Kindern unter 15 Jahren sind heute viel häufiger
erwerbstätig als noch vor 10 Jahren. 7 von 10 Frauen sind
Angestellte ohne Führungsfunktion; bei Männern sind es 5 von 10.
Frauen müssen sich öfter mit atypischen und entsprechend prekären
Arbeitsbedingungen auseinander setzen wie kurze Vertragsdauer,
Minimalarbeit oder Arbeit in Privathaushalten. Zudem sind Frauen im
Verhältnis stärker von Erwerbslosigkeit betroffen als Männer
(Erwerbslosenquote 2003: Frauen 4,5%; Männer 3,8%). Die
Lohnunterschiede stagnieren Die Lohnunterschiede zwischen den
Geschlechtern sind zwischen 1994 und 1998 stetig zurückgegangen: In
der Privatwirtschaft von 24% auf 21%; in der öffentlichen Verwaltung
von 13% auf 10%. Zwischen 1998 und 2002 verharren sie aber praktisch
auf demselben Niveau (21% bzw. 11%). Sie bleiben durch alle Branchen
und für alle Anforderungsniveaus des Arbeitsplatzes, aber auch bei
gleicher Ausbildung und gleicher beruflicher Stellung sowie gleich
langer Betriebszugehörigkeit bestehen. Der Anteil Frauen an den
Niedriglohnbezügern/innen ist viel höher als derjenige der Männer:
Im Jahr 2002 haben 11% der Vollzeit erwerbstätigen Frauen, aber nur
2% der Männer einen Lohn bis maximal 3000 Franken netto im Monat
bezogen. Familienfrauen sind finanziell oft stark abhängig von ihrem
Partner Die Erwerbsarbeit wird in Familienhaushalten meist ungleich
verteilt. Nur gerade gut jeder zehnte Paarhaushalt mit Kindern unter
15 Jahren kennt ein ausgeglichenes Verhältnis. In 33% arbeitet die
Partnerin neben der Vollzeit-Erwerbstätigkeit des Partners mit einem
kleinen Teilzeitpensum unter 50% und in 15% mit einem grösseren
Pensum zwischen 50 und 89%. Gut ein Drittel (36%) wählen das so
genannte «Ernährermodell». In Paarhaushalten mit Kindern leistet die
Partnerin je nach Anzahl Kinder einen Beitrag von 12% bis 19% des
Haushaltseinkommens. Obwohl in den Haushalten meist ein gewisser
Ausgleich der geschlechtsspezifischen Einkommensdifferenzen statt
findet, hat die ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter
Arbeit eine weitgehende Abhängigkeit der Familienfrauen vom
Einkommen ihrer Partner zur Folge. Neben den niedrigen Löhnen, sind
Frauen nicht zuletzt deshalb bezüglich sozialer Sicherheit in allen
drei Säulen unterdotiert; sie vermögen ihre Benachteiligung in den
beiden ersten Säulen - in Folge der unterschiedlichen Integration in
die Arbeitswelt auch nicht durch die 3. Säule auszugleichen. Die
Haus- und Familienarbeit bleibt weiterhin ungleich verteilt Seit
1997 sind keine grossen Veränderungen bei der Verteilung der Haus-
und Familienarbeit fest zu stellen. Frauen übernehmen mit
durchschnittlich 31 Stunden pro Woche den weitaus grösseren Teil der
Haus- und Familienarbeit als Männer mit 17 Stunden. Je nach
Lebenssituation ändert sich dieser Aufwand beträchtlich. In
Familienhaushalten mit Kindern unter 15 Jahren wendet die Partnerin
durchschnittlich 54 Stunden pro Woche für Hausarbeit und
Kinderbetreuung auf; Partner in solchen Familienhaushalten
investieren 24 Stunden. Trotz einseitiger Aufgabenverteilung
arbeiten Männer und Frauen in vergleichbaren Lebenssituationen unter
dem Strich (bezahlt und unbezahlt) etwa gleich viel. Die
Gesamtbelastung durch Erwerbs-, Haus- und Familienarbeit liegt für
Frauen und Männer in Familienhaushalten bei rund 67 Stunden pro
Woche, für allein erziehende Frauen mit Kindern unter 15 Jahren ist
sie mit 68 Stunden pro Woche am höchsten. Politische Vertretung
der Frauenanteil auf kantonaler Ebene wächst nur noch wenig In den
letzten Jahren hat sich die Frauenvertretung nur noch gering
verbessert. Bei den jüngsten Nationalratswahlen stieg der
Frauenanteil um 2,5 Prozentpunkte auf 26%; im Ständerat beträgt er
24%. In den kantonalen Parlamenten liegt er gegenwärtig bei 24% und
in den kantonalen Regierungen bei 22%. Der Frauenanteil im
Nationalrat und in den kantonalen Parlamenten ist je nach Partei
sehr unterschiedlich. Bei den Nationalratswahlen 2003 erreichten die
SPS einen Frauenanteil von 46% und die Grünen einen Anteil von 50%.
Ebenfalls verbessert hat sich der Frauenanteil bei der CVP (32%).
Demgegenüber stagniert er bei der FDP (19%) und geht bei der SVP gar
auf 5,5% zurück. Frauen sind in mehrfacher Hinsicht benachteiligt
Frauen sind stärker als Männer von schwierigen Lebenssituationen
betroffen, sei es in Bezug auf die Rollenteilung im Haushalt und die
damit zusammenhängende Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder sei
es bezüglich der Betroffenheit von Armut. Sie sind ebenfalls öfter
mehrfach benachteiligt als Männer. Unter den Problemgruppen, die von
einer Häufung schlechter Lebensbedingungen und Unzufriedenheit in
verschiedenen Lebensbereichen betroffen sind, stechen die
Alleinerziehenden am deutlichsten heraus. Frauen auf Arbeitssuche,
ausländische Staatsangehörige beider Geschlechter, Frauen in
Dienstleistungs- und Verkaufsberufen, Männer ohne nachobligatorische
Ausbildung, solche aus der italienischen Schweiz sowie Väter und
Mütter in Familienhaushalten mit Kindern sind ebenfalls mehrfach
benachteiligte Gruppen. Welches sind heute in der Schweiz die wesentlichen Unterschiede der
Lebensbedingungen von Frau und Mann? Haben sich diese seit unserem
ersten Bericht von 1993 und dem zweiten von 1996 verändert? Wie weit
ist die seit gut zwanzig Jahren verfassungsmässig garantierte
Gleichberechtigung der Geschlechter in den verschiedenen
Lebensbereichen verwirklicht? Der vorliegende dritte Bericht zu den
Lebensbedingungen von Frauen und Männern in der Schweiz liefert
Ansätze zur Beantwortung solcher Fragen. Der erste, deskriptive Teil
gibt eine nach Geschlecht differenzierte Übersicht über die Eckdaten
in den 12 Bereichen Demografie, Bildung, Wissenschaft und
Technologie, Erwerbsarbeit, materielle Ressourcen und
Erwerbseinkommen, soziale Sicherheit, Haushalt und Familie,
Gesundheit, Freizeit, politische Vertretung, soziale Partizipation,
persönliche Sicherheit und Kriminalität. Einige Indikatoren im
internationalen Vergleich und Resultate zu Einstellungsfragen
bezüglich Gleichstellung von Frau und Mann respektive
Diskriminierung von Frauen in der Gesellschaft schliessen den ersten
Teil ab. Im zweiten Teil der Publikation werden vier Themen vertieft
behandelt, welche in der aktuellen Diskussion um
Gleichstellungsfragen besonders interessant sind: Die Rollenteilung
zwischen Partnerin und Partner im Haushalt, die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie, die Mehrfachbenachteiligung von Frauen und
Männern und die Armutsdynamik unter spezieller Berücksichtigung der
Gleichstellungsperspektive. Die Reihe «Sozialberichterstattung Schweiz» hat zum Ziel, den
Zustand und die Veränderungen der Lebensbedingungen und der
Lebensqualität der Bevölkerung zu messen, zu beschreiben und zu
analysieren. Das Augenmerk richtet sich in den Publikationen dieser
Reihe insbesondere auf die ungleichen Lebensbedingungen von
Bevölkerungsgruppen. Mit einem regelmässigen und umfassenden
«Monitoring» der Gesellschaft durch die Sozialberichterstattung wird
ein Beitrag zur Orientierung der interessierten Öffentlichkeit
geleistet und zugleich entscheidungsrelevante Information für die
Gesellschaftspolitik bereitgestellt. BUNDESAMT FÜR STATISTIK
Informationsdienst Auskunft: Katja Branger, BFS, Tel.: 032 713 63 03 Jacqueline
Schön-Bühlmann, BFS, Tel.: 032 713 64 18 Publikationsbestellungen,
Tel.: 032 713 60 60, Fax: 032 713 60 61, E- Mail: order@bfs.admin.ch
Neuerscheinung: BFS: Auf dem Weg zur Gleichstellung? Männer und
Frauen in der Schweiz. Dritter statistischer Bericht. Neuenburg
2003, Bestellnummer: 084-0300, Preis: 27.- Fr. Weiterführende Informationen finden Sie auf der Homepage des BFS
http://www.statistik.admin.ch 27.11.03
Permalink:
https://www.presseportal.ch/de/pm/100000114/100469453
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