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Börsen-Zeitung

Regeln im Zwielicht, Kommentar zu Derivaten von Stefanie Schulte

05.06.2012 – 20:45

Frankfurt (ots)

An die zentrale Abrechnung (Clearing) von außerbörslichen Derivaten, die in der EU ab 2013 Pflicht wird, knüpfen Regulierer große Hoffnungen. Der Ausfall einer bedeutenden Investmentbank - wie 2008 der von Lehman Brothers - soll dadurch an Schrecken verlieren.

Dies soll dadurch gewährleistet werden, dass sich die so genannten Zentralen Gegenparteien, die das Derivate-Clearing übernehmen, Sicherheiten stellen lassen. Mit deren Hilfe sollen Käufer von Zins- und Währungsswaps sowie Kreditausfallversicherungen ausgezahlt werden, falls ihre Swap-Partnerbank insolvent wird. Ein solcher Schritt ist bitter nötig. Sorgen, dass die Euro-Schuldenkrise einen Flächenbrand im Finanzsystem auslösen könnte, resultieren nicht zuletzt aus den engen Verflechtungen der Banken im Derivategeschäft.

Doch womöglich ist das neue EU-Derivate-Regelwerk Emir nicht das erhoffte Allheilmittel. Die dadurch enorm gestärkten Zentralen Gegenparteien könnten vielmehr selbst neue Klumpenrisiken schaffen. Dass sich Deutschlands oberste Finanzaufseherin, die neue Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin) Elke König, auf ihrer ersten Jahrespressekonferenz dieser Warnung vieler Marktakteure anschließt, zeigt, welche Brisanz das Thema erreicht hat.

In der Tat müssen Zentrale Gegenparteien dies- und jenseits des Atlantiks erst beweisen, dass sie Krisen auch bei stark gewachsenen Geschäftsvolumina noch meistern können. Bezweifelt werden darf darüber hinaus, ob sich alle Staatsanleihen, die die Clearer als Sicherheiten erhalten, jederzeit als werthaltig und liquide erweisen.

Ferner drohen Ausweichbewegungen, denn die Clearing-Pflicht soll nur für standardisierte Derivate gelten. Bei der Umsetzung von Basel III in europäisches Recht wird zwar erwartet, dass Regulierer außerbörsliche Derivate mit höheren Eigenkapitalvorgaben bestrafen werden, doch die genauen Konditionen sind offen.

Dass die Londoner LCH.Clearnet derzeit der klar dominierende Spieler im Zinsswap-Clearing in Europa ist, mag zum Unbehagen der deutschen Aufseher beitragen. Womöglich müssen hiesige Banken den Großteil ihrer Swap-Forderungen künftig der LCH.Clearnet gegenüber durchsetzen - die aber natürlich nicht der BaFin untersteht.

Trotz allem könnte Emir positiv wirken, indem es Transparenz auf dem bislang sehr undurchsichtigen Markt schafft. Wenn einige Kreditinstitute - auch durch höhere Kapitalanforderungen - dazu ermutigt werden, ihre Derivatebestände zu reduzieren, wäre das ebenfalls ein positiver Effekt. Sich blind auf die zentralen Clearer zu verlassen, könnte sich indessen als folgenschwerer Fehler erweisen.

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