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Lia Rumantscha

46 Milliarden Schweizerfranken dank der Mehrsprachigkeit von Urs Cadruvi, Generalsekretär, Lia Rumantscha

Chur (ots)

Bekannt war, dass Mehrsprachigkeit eine Quelle kulturellen Reichtums ist. Eine Studie beziffert nun auch ihren Beitrag zum Wirtschaftswachstum. Die Forscher des Observatoriums Economie Langues Formation (ELF) der Universität Genf stellten fest, dass die Schweiz, weil sie mehrsprachig ist, jährlich 46 Milliarden Franken erwirtschaftet, was 9% des Bruttoinlandproduktes (BIP) entspricht.

Mehrsprachigkeit ist also ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. Der Kinderarzt Remo Largo hat den Unsinn übers Sprachenlernen in unseren Schulen in der «Schweiz am Sonntag» vom 26. Oktober 2014 auf den Punkt gebracht. Wir wissen schon lange, wie wir die Mehrsprachigkeit erfolgreich fördern können. Wir wissen, dass wir Sprachkompetenzen auf Muttersprachenniveau nur immersiv erreichen können. Das heisst, dass die zu erlernenden Sprachen allein durch Mimik, Gestik oder Zeigen aber niemals durch Übersetzung vermittelt werden. Die Kinder erleben damit die Sprachen und sie erschliessen sich damit eigenständig Stück für Stück aus dem Zusammenhang der Situation, was die natürlichste Art bildet, wie Kinder Sprachen lernen, gleichgültig, ob als erste oder zweite Sprache. Immersion ist damit kindgerechter als jede andere Methode, denn sie macht Spass, motiviert und kommt ohne Zwang und Leistungsdruck aus. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass sich mit der Immersion ein beträchtlich höheres Niveau in einer Fremdsprache erreichen lässt als mit traditionellem Unterricht. Dabei entwickeln sich Muttersprache und Sachinhalte zumindest genauso gut oder besser als bei einsprachigen Kindern. Die zu erlernenden Sprachen müssen also in unterschiedlichen Schulfächern stetig verwendet und im Alltag gebraucht werden.

Und trotzdem pauken wir Sprachen wie eh und je. Statt immersiven Unterricht und Schüleraustausche anzubieten, lehren wir nach traditioneller Art Grammatik und Orthografie. Statt lustvolle Sprach- und Kulturkontakte, praktizieren wir isolierten Sprachunterricht ohne direkten und emotionalen Bezug. Wir nehmen damit den Kindern viel eher die Lust an einer Sprache, als dass wir sie neugierig auf mehr machen.

Die politischen Debatten und Initiativen über «wie viele Fremdsprachen in der Primarklasse» zielen dabei genau in die falsche Richtung, denn in Wirklichkeit geht es weniger um die Anzahl Fremdsprachen als vielmehr um das «Wie-diese-vermittelt-werden». Und dabei werden gar sehr erfolgreiche mehrsprachige Schulmodelle ausser Acht gelassen, die nach dem Immersionsprinzip unterrichten. Ja viel mehr noch. Solche Schulmodelle sind mit der aktuellen Politdebatte gar in Gefahr.

Eines dieser erfolgreichen mehrsprachigen Schulmodelle ist die romanische Schule, in der am Ende der neunjährigen Schulzeit die Schüler Romanisch und Deutsch auf Muttersprachenniveau beherrschen. Und wer echt zweisprachig ist, hat den besten Schlüssel, um andere Sprachen einfach zu lernen. Um erfolgreiche immersive Schulmodelle zu analysieren, müssen wir nicht bis ins Südtirol oder gar nach Finnland, Kanada oder Australien, wie Kinderarzt Remo Largo in der «Schweiz am Sonntag» eindrücklich aufgezeigt hat. Die romanischen Schulen in Graubünden machen es vor wie es geht.

Wir täten uns gut daran, die vorhandenen Chancen intelligenter zu nutzen, um unsere Kinder auf die Arbeitswelt vorzubereiten. Ein Faktor dazu ist die Mehrsprachigkeit. Da haben Gemeinden, die zu mehrsprachigen Gemeinden fusionieren richtig Glück, wenn sie es denn auch nutzen. Denn eine ausgeglichene mehrsprachige Kompetenz kann sich nur dann entwickeln, wenn die kleinere Sprache in der Unterstufe und im Alltag stärker gefördert wird, als die allgegenwärtige grosse Sprache. Im Fall der rätoromanischen Sprache müsste das Romanische folglich stärker gefördert werden als die deutsche Sprache, will man denn von den Vorteilen der echten Mehrsprachigkeit profitieren.

Es wäre darum sehr heilsam, wenn die Bildung und Politik in Schulsprachenfragen mehr über das «Wie» anstelle von dem «Wie viel» sprechen würde. Und wer weiss: Vielleicht gibt es ja den einen oder anderen, der sich vom romanischen Schulmodell gar inspirieren lässt, damit Sprachen in Schweizer Schulen nicht weiterhin traditionell technisch gepaukt, sondern immersiv erlebt werden. Unseren Kindern und unserer Volkswirtschaft wäre es zu wünschen.

Weiterführende Informationen zur Lia Rumantscha und zur romanischen Sprache finden Sie hier: http://ots.ch/ToCJC

Kontakt:

Lia Rumantscha
Urs Cadruvi, Generalsekretär
urs.cadruvi@rumantsch.ch
081 258 32 22

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