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UBI - AIEP - AIRR

Media Service: Fall Holenweger: Fernsehen informierte einseitig UBI hiess Beschwerde teilweise gut

Bern (ots)

Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und
Fernsehen (UBI) hat eine Beschwerde gegen die "Tagesschau" des 
Schweizer Fernsehens teilweise gutgeheissen. Der Entscheid betrifft 
einen Beitrag über den Abschluss der Voruntersuchung im Fall 
Holenweger.
Am 18. Dezember 2009 orientierte der stellvertretende 
eidgenössische Untersuchungsrichter die Medien über den Abschluss der
Voruntersuchung gegen den früheren Zürcher Privatbankier Oskar 
Holenweger. In der Mittags- und Hauptausgabe der Nachrichtensendung 
"Tagesschau" vom gleichen Tag strahlte das Schweizer Fernsehen auf SF
1 dazu jeweils einen Beitrag aus. Dagegen erhob eine nicht direkt 
betroffene Person, unterstützt von 27 Mitunterzeichnenden, Beschwerde
bei der UBI.
Bei der Berichterstattung über laufende Strafverfahren gelten 
erhöhte Sorgfaltspflichten für Rundfunkveranstalter, um dem 
verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz der Unschuldsvermutung
gebührend Rechnung zu tragen. Jeder Mensch gilt demnach bis zu einer 
rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig. Bei der 
Berichterstattung über hängige Strafverfahren sind Vorverurteilungen 
zu vermeiden. Neben einer präzisen Darstellung der Fakten und der 
verschiedenen Standpunkte gebietet der Grundsatz der 
Unschuldsvermutung eine zurückhaltende Ausdrucksweise in Inhalt und 
Ton.
In der Mittagsausgabe der "Tagesschau" wird dem Publikum ein 
einseitiges Bild zum Abschluss der Voruntersuchung im Fall Holenweger
vermittelt. Es kommt ausschliesslich der Standpunkt des 
Untersuchungsrichters zum Ausdruck. Über die Ansichten des 
Angeschuldigten, gegen welchen im Beitrag mehrere strafrechtlich 
relevante Vorwürfe erhoben werden, erfährt das Publikum nichts. Weder
fasst die Redaktion die entsprechenden Textstellen aus der 
Medienmitteilung des Untersuchungsrichters zusammen noch weist sie 
darauf hin, dass sie bis zum Ausstrahlungstermin des Beitrags keine 
Stellungnahme von Oskar Holenweger oder von dessen Anwalt erhalten 
habe. Sie hat es überdies unterlassen, explizit auf die 
Unschuldsvermutung hinzuweisen oder zumindest die weiteren 
Verfahrensschritte zu skizzieren, um den erhöhten Sorgfaltspflichten 
bei der Berichterstattung über laufende Strafverfahren Rechnung zu 
tragen. Die Ausdrucksweise entspricht nicht durchwegs der bei 
entsprechenden Fällen gebotenen Zurückhaltung. Da sich das Publikum 
insgesamt keine eigene Meinung zum Abschluss der Voruntersuchung 
gegen Oskar Holenweger bilden konnte, hat der Beitrag der 
"Tagesschau"-Mittagsausgabe das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt. Die
UBI hat die Beschwerde aus diesen Gründen mit 5:3 Stimmen 
gutgeheissen.
Es fehlt zwar auch im Beitrag der "Tagesschau"-Hauptausgabe ein 
ausdrücklicher Hinweis auf die Unschuldsvermutung. Dieser Mangel wird
aber insbesondere durch die zweimalige Erwähnung des Standpunkts des 
Angeschuldigten sowie durch ausgestrahlte Aussagen des 
verantwortlichen Untersuchungsrichters zu den kommenden 
Verfahrensschritten im Wesentlichen kompensiert. Bereits in der 
Anmoderation und vor allem auch ganz am Schluss des Beitrags wird 
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Oskar Holenweger alle ihm 
vorgeworfenen Straftaten bestreitet. Für das Publikum wird damit 
erkennbar, dass die Ergebnisse der Voruntersuchung und die daraus 
gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen umstritten sind. Durch die 
zusätzlichen Informationen zum Verfahren konnte es sich überdies ein 
korrektes Bild über die rechtliche Relevanz des Schlussberichts der 
Voruntersuchung bilden. Indirekt wurde damit ebenfalls dem Grundsatz 
der Unschuldsvermutung Rechnung getragen. Mit 7:1 Stimmen hat die UBI
deshalb beschlossen, dass der Beitrag in der 
"Tagesschau"-Hauptausgabe das Sachgerechtigkeitsgebot nicht verletzt 
hat.
Die Beschlüsse der UBI können beim Bundesgericht angefochten 
werden. Ist der Entscheid rechtskräftig, muss das Schweizer Fernsehen
der UBI innert 30 Tagen berichten, welche Massnahmen es getroffen 
hat, um ähnliche Rechtsverletzungen wie diejenige in der 
"Tagesschau"-Mittagsausgabe in Zukunft zu vermeiden.
Die UBI ist eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes. Sie
besteht aus neun nebenamtlichen Mitgliedern und wird durch Roger Blum
präsidiert. Die UBI hat auf Beschwerde hin festzustellen, ob 
ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen Bestimmungen über den 
Inhalt redaktioneller Sendungen verletzt haben oder eine 
rechtswidrige Verweigerung des Zugangs zum Programm vorliegt.

Kontakt:

Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI)
Pierre Rieder, Leiter Sekretariat
Postfach 8547
3001 Bern
Tel. 031 322 55 38/33
Fax 031 322 55 58
http://www.ubi.admin.ch

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