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Verhaltene Hausse, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

An den Aktienmärkten diesseits und jenseits des Atlantiks hat sich wieder einmal starker Optimismus breitgemacht. Der Dax befindet sich wieder auf einem Niveau oberhalb von 10000 Punkten, und der Dow Jones hat am Dienstag erstmals in seiner langen Geschichte einen Stand von mehr als 17000 Punkten erreicht. Bei den Anlegern sind zum einen die neuesten Arbeitsmarktzahlen aus den USA gut angekommen, zum anderen die Perspektive, dass die Europäische Zentralbank den Kreditinstituten der Eurozone bis zu 1000 Mrd. Euro zu einem extrem niedrigen Zinssatz zukommen lassen will - in der Hoffnung, dass diese Summe endlich die Kreditversorgung der Unternehmen ankurbelt.

Was die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt betrifft, so sind dort im Juni die Erwartungen der US-Ökonomen deutlich übertroffen worden: Außerhalb der Landwirtschaft wurden 288000 statt der vorausgesagten 212000 Jobs zusätzlich geschaffen. Dies weckt Optimismus hinsichtlich der Konjunkturerholung, die bislang nicht nur in Europa deutlich schwächer ausgefallen ist als von den Marktteilnehmern antizipiert.

Nicht zuletzt nehmen damit die Erwartungen der Anleger für die in der neuen Börsenwoche beginnende US-Quartalssaison - sowohl was die zu präsentierenden Ergebnisse als auch was die Ausblicke der Unternehmen betrifft - zu. Allerdings stellt sich die Frage, ob es realistisch ist, mit Blick auf die Quartalssaison mit einem spürbaren Auftrieb für den Aktienmarkt zu rechnen.

Weniger Warnungen

Dafür würde sprechen, dass die Gewinnerwartungen an Wall Street inzwischen deutlich näher an der Realität der Unternehmen angekommen sind. Hatte es für das erste Quartal noch auf jede positive Ergebnisüberraschung sieben Gewinnwarnungen gegeben, sind es aktuell nur noch ungefähr vier Warnungen. Allerdings ist die relative Zahl der Warnungen immer noch deutlich höher als im langfristigen Durchschnitt der Jahre seit 1995 mit 2,6.

Es gibt noch weitere Aspekte, die dagegen sprechen, dass der US-Markt seine Rekordfahrt fortsetzen wird. So sind die Bewertungen an der Wall Street hoch. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktien im wichtigsten US-Benchmark-Aktienindex Standard & Poor's 500 ist mit fast 16 schon leicht über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre angekommen. Zwar kann man noch nicht von einer Überbewertungsblase sprechen, und zudem scheinen die in den USA immer wieder zu hörenden Warnungen vor einem Crash fehl am Platz. Die Luft nach oben ist aber auch dann, wenn sich die Konjunktur beschleunigt, dünn.

Auf dem US-Aktienmarkt lastet nämlich die Perspektive, dass die US-Notenbank Federal Reserve ab 2015 die Zinsen erhöhen wird. Die Diskussion, wann der Startzeitpunkt sein wird, dürfte durch besser als erwartet ausfallende US-Konjunkturdaten an Bedeutung gewinnen. Damit ist selbst im Fall positiver Überraschungen auf der Konjunkturseite das Auftriebspotenzial am Aktienmarkt gedeckelt.

Andere Wege

Diesseits des Atlantiks geht die EZB zwar andere Wege. Notenbank-Präsident Mario Draghi bemüht sich, die Erwartung von über einen langen Zeitraum sehr niedrigen Zinsen zu verankern. Eine Zinswende, über die vor einigen Monaten noch am Markt diskutiert worden ist, wird es für eine längere Zeit nicht geben. Damit läuft die Geldpolitik in den USA und der Eurozone auseinander. Das bedeutet aber nicht, dass die Bäume am europäischen Aktienmarkt nun wieder in den Himmel wachsen. Die Bewertungen sind in Europa ebenfalls bereits strapaziert, und die Konjunktur in der Eurozone läuft nach wie vor nur auf drei Zylindern.

Wenn die durch die Ultraniedrigzinspolitik der EZB getriebene Hausse weitergeht, dann wird dies in einem verhaltenen Tempo erfolgen. Es gibt aber einen Faktor, der die Situation stark verändern könnte: Sollte sich die EZB doch noch für ein umfangreiches Anleihenkaufprogramm entscheiden, würde an den Märkten die Post abgehen.

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