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Bundesanwaltschaft BA

BA: Sperrfrist: Donnerstag, 24. Juni 2004, 14.15 h Die Bundesanwaltschaft schliesst die mit der Bundeskriminalpolizei geführten Terrorermittlungen ab und zieht vorläufige Bilanz

Bern (ots)

Drei Verfahren gehen ans Eidgenössische Untersuchungsrichteramt
Bern, 24. Juni 2004. Bundesanwalt Valentin Roschacher und der 
stellvertretende Bundesanwalt Claude Nicati haben am Donnerstag vor 
den Medien im Bundeshaus über den bevorstehenden Abschluss der nach 
den Terroranschlägen des 11. September 2001 von der 
Bundesanwaltschaft (BA) und der Bundeskriminalpolizei (BKP) 
aufgenommenen gerichtspolizeilichen Ermittlungen der Schweiz 
informiert und eine vorläufige Bilanz gezogen. Gemäss den 
Erkenntnissen der Strafverfolgungsbehörden des Bundes spielt die 
Schweiz in den kriminellen Aktivitäten des internationalen 
Terrornetzwerks Al-Qaida als einer kriminellen Organisation zwar 
bislang keine zentrale Rolle, ist aber von mutmasslichen Delikten im 
Bereich dessen logistischer Unterstützung und der Finanzierung 
mitbetroffen. Drei komplexe Ermittlungsverfahren in diesem 
Zusammenhang werden in den kommenden Wochen dem Eidgenössischen 
Untersuchungsrichteramt (URA) zur Eidgenössischen Voruntersuchung 
überwiesen.
Am 15. September 2001 eröffnete die Bundesanwaltschaft in 
Zusammenhang mit den vorangegangenen Terroranschlägen in den USA ein 
gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren gegen unbekannte 
Täterschaft. Es ging dabei darum, den Verdacht von Verbindungen 
zwischen den Anschlägen und Vorgängen in der Schweiz abzuklären. Zur 
Durchführung dieser Ermittlungen durch die Bundeskriminalpolizei 
wurde im Bundesamt für Polizei eine „Task Force Terror USA“ 
eingerichtet. Während sich die ersten Ermittlungen in erster Linie 
mit der möglichen Rolle der Schweiz zur logistischen Vorbereitung 
der Anschläge befassten, ergaben sich kurz darauf Hinweise auf den 
möglichen Fluss von zur Terrorismusfinanzierung dienenden Gelder 
über den Finanzplatz Schweiz.
Verdacht der Terrorismusfinanzierung via Finanzgesellschaft
Am 24. Oktober 2001 dehnte die Bundesanwaltschaft das 
Ermittlungsverfahren deshalb auf zwei Verantwortliche der in Lugano 
TI ansässigen Finanzgesellschaft „Nada Management Organization SA“ 
(früher „Al Taqwa“) aus und beschlagnahmte am 7. November 2001 in 
einer mit Italien und Liechtenstein international koordinierten 
Aktion eine grosse Anzahl von Dokumenten. Die gerichtspolizeiliche 
Analyse und Auswertung dieser Dokumente nahm angesichts deren Masse 
geraume Zeit in Anspruch. Im Lauf der Analyse liessen sich die 
verfahrensbegründenden Verdachtsmomente der Unterstützung einer 
kriminellen Organisation gegen die beiden Beschuldigten erhärten. 
Sie stehen unter Verdacht, dass über die von ihnen eingerichteten 
Finanzkanäle zur Unterstützung terroristischer Aktivitäten dienende 
Gelder in die Schweiz und aus der Schweiz geflossen sind. Die sie 
betreffenden gerichtspolizeilichen Ermittlungen werden deshalb 
abgeschlossen und das Verfahren in den nächsten Wochen dem 
Eidgenössischen Untersuchungsrichteramt zur Weiterbearbeitung im 
Rahmen der Eidgenössischen Voruntersuchung (zweite Phase im 
dreiteiligen Strafverfahren des Bundes) überwiesen.
Verdacht der Terrorismusfinanzierung via Wohltätigkeitsstiftung
Einen zweiten gewichtigen Schwerpunkt in den gerichtspolizeilichen 
Terrorismusermittlungen nach den Anschlägen in den USA bildete die 
am 25. September 2001 vorgenommene Ausdehnung des Verfahrens auf 
einen saudischen Staatsbürger, der als Geschäftsmann von Saudi- 
Arabien aus Geschäftsverbindungen in die Schweiz und auch in die USA 
unterhält. Er steht unter Verdacht, als ehemaliger Vorsitzender 
einer Wohltätigkeits-Stiftung namens „Muwafaq“ Vermögenswerte in 
Millionenhöhe an Personen, die eng mit dem Netzwerk Al-Qaida 
verbunden sind, transferiert zu haben, dies mittels Schweizer 
Bankkonten. Die Bundesanwaltschaft sperrte Gelder in der Höhe eines 
zweistelligen Millionenbetrags in US-Dollar auf einer Bank in Genf. 
Der Beschuldigte wurde durch den stv. Bundesanwalt Claude Nicati 
mehrmals einvernommen; er bestreitet jegliche Verbindung zum 
Terrormilieu. Im Rahmen der gegen ihn geführten Ermittlungen wurden 
Rechtshilfeersuchen an Saudi-Arabien, die USA, die Türkei und 
Albanien gestellt. Auch dieses Ermittlungsverfahren schliesst die 
Bundesanwaltschaft jetzt ab und wird beim Eidgenössischen 
Untersuchungsrichteramt ebenfalls die Voruntersuchung beantragen.
Verdacht der logistischen Unterstützung der Al-Qaida
Ein dritter Schwerpunkt in den Terrorismusermittlungen von 
Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalpolizei steht in Zusammenhang 
mit dem Anschlag von Ryiad vom 12. Mai 2003, bei welchem auch ein 
Schweizer Staatsbürger getötet wurde. In Ryiad wurden bei 
verschiedenen Personen, die enge Kontakte mit den Attentätern 
unterhielten, Indizien für telefonische Kontakte in die Schweiz 
gefunden, konkret 36 Schweizer Telefonnummern. Die 
Bundesanwaltschaft eröffnete hier am 20. Mai 2003 ein 
gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren gegen unbekannte 
Täterschaft u.a. wegen des Verdachts der Unterstützung, bzw. 
Beteiligung einer kriminellen Organisation und dehnte dieses 
Verfahren zwischen September und Dezember auf eine Gruppe von neun 
Personen ausländischer Staatsbürgerschaft mit Aufenthalt in der 
Schweiz aus. Im Rahmen der Erkenntnisse über die Abläufe innerhalb 
der Gruppe und die konkreten Tätigkeiten ihrer Exponenten in der 
Schweiz und im Ausland, kristallisierte sich mit zunehmender Dauer 
der Ermittlungen heraus, dass ein Tätigkeitsgebiet der Gruppe 
offensichtlich darin bestand, Personen aus dem arabischen Raum, 
unter anderem aus Jemen, in die Schweiz einzuschleusen und diese 
hier mit falschen Papieren auszustatten. Die Ermittlungen haben 
gezeigt, dass die eingeschleusten Personen, unter denen einige enge 
Kontakte mit Al-Qaida unterhalten haben könnten, in der Schweiz 
entweder untertauchten oder in andere europäische Länder 
weiterverschoben wurden. Die Ermittlungen führten am 22. Dezember 
2003 zur einer ersten Verhaftung eines Beschuldigten. Weitere acht 
Verhaftungen sowie umfangreiche Hausdurchsuchungen in den Kantonen 
VD, GE, BE AG und ZH wurden am 8. Januar 2004 durchgeführt. Im 
Rahmen des Verfahrens stellte die Bundesanwaltschaft 
Rechtshilfeersuchen an Saudi-Arabien, Katar, Jemen, Belgien, 
Italien, Deutschland und Frankreich. Vier der Beschuldigte wurden 
inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen, weil für diese keine 
Kollusionsgefahr mehr besteht. Das Verfahren gegen diese Personen 
läuft indessen weiter. Anfangs Mai 2004 wurde eine weitere ins 
Verfahren einbezogene Person in Untersuchungshaft genommen, so dass 
sich zum heutigen Zeitpunkt im Rahmen dieses Verfahrens von 
insgesamt zehn Verhafteten noch deren sechs in Untersuchungshaft 
befinden. In dieser Angelegenheit wurden seit Januar vier 
Beschwerden vom Bundesgericht bzw. vom Bundesstrafgericht in 
Bellinzona abgewiesen, dazu auch zwei Haftentlassungesgesuche. Die 
Bundesanwaltschaft wird das Verfahren mit Blick auf die im Lauf der 
Ermittlungen erhärteten Verdachtsmomente in den nächsten Tagen 
abschliessen und in den nächsten Wochen ebenfalls dem 
Eidgenössischen Untersuchungsrichter zur Voruntersuchung überweisen. 
Für alle Verfahrensbeteiligte besteht bis zur Beurteilung vor 
Gericht die Unschuldsvermutung.
„Task Force Terror USA“, weitere Verfahren und Rechtshilfe
Die Arbeit der „Task Force Terror USA“ wurde Ende letzten Jahres in 
ein Kommissariat „Terrorismus“ bei der Bundeskriminalpolizei 
überführt. Im Rahmen der kriminalpolizeilichen Arbeit wurden seit 
dem 15. September 2001 nebst der Arbeit in den oben geschilderten, 
komplexen Verfahren weit über 1000 weitere Hinweise auf mögliche 
Verbindungen zu Al-Qaida in die Schweiz polizeilich untersucht. 
Entsprechende Hinweise gingen entweder über polizeiliche Stellen und 
Informationswege oder über die Schweizer Meldestelle für 
Geldwäscherei im Bundesamt für Polizei ein und lösten teilweise 
umfangreiche und zeitaufwändige Abklärungen aus. In der 
überwiegenden Mehrzahl dieser abgeklärten Hinweise konnten 
Verbindungen zum internationalen Terrorismus ausgeschlossen werden. 
Strafrechtlich verfahrensbegründende Elemente oder weiterreichende 
Verdachtsmomente über mögliche Verbindungen des Netzwerks Al-Qaida 
in die Schweiz oder über die Schweiz ergaben sich fallweise, etwa 
nach den Anschlägen von Djerba im April 2002 und Bali im Oktober 
2002 (Verfahren der Bundesanwaltschaft mittlerweile eingestellt) und 
den Anschlägen in Istanbul im November 2003 (Verfahren noch offen), 
in Zusammenhang mit der versuchten Einreise zweier britischer 
Staatsangehöriger in die Schweiz im September 2002 am Grenzübergang 
Basel (Verfahren mit hängigem Rechtshilfegesuch an die britischen 
Behörden noch offen), oder bei der Geiselnahme von vier Schweizer 
Staatsangehörigen in Algerien/Sahara im Februar 2003 (Verfahren der 
Bundesanwaltschaft im Frühjahr 2004 dem Eidgenössischen 
Untersuchungsrichteramt übergeben). Auch mehrere Rechtshilfeersuchen 
ausländischer Behörden, die den von den Schweizer Strafverfolgungs- 
und Polizeibehörden untersuchten Sachverhalt internationaler 
Terrorverbindungen betrafen, wurden während des Verlaufs der 
Terrorermittlungen seit September 2001 von der Bundesanwaltschaft in 
Zusammenarbeit mit der Bundeskriminalpolizei und dem Bundesamt für 
Justiz vollzogen, namentlich mehrere Rechtshilfegesuche der USA, 
u.a. im Fall Moussaoui, sowie zwei Rechtshilfegesuche von Frankreich 
und Spanien in Zusammenhang mit dem Anschlag von Djerba.
Schweiz spielt keine zentrale Rolle, ist aber mitbetroffen
Grundsätzlich lässt sich nach Einschätzung des Bundesanwalts 
aufgrund der in den Ermittlungen gewonnen Erkenntnissen feststellen, 
dass die Schweiz in den kriminellen Aktivitäten des internationalen 
Terrornetzwerks Al-Qaida zwar bislang keine zentrale Rolle gespielt 
hat, aber von mutmasslichen Delikten im Bereich dessen logistischer 
Unterstützung und der Finanzierung mitbetroffen ist. Aufgrund der 
auf den Ermittlungen basierenden Einschätzung darf die Rolle der 
Schweiz im internationalen Kontext heute nicht überschätzt, aber 
auch keineswegs unterschätzt werden. So zeigte sich beispielsweise 
mit kriminalpolizeilichen Abklärungen um bereits vor rund zehn 
Jahren stillgelegte Bankkonten von zwei Al-Qaida- 
Führungspersönlichkeiten, dass die Schweiz von entsprechenden 
Verbindungen auch vor dem 11. September 2001 nicht unberührt war und 
dass deshalb die enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den 
in den internationalen Terrorermittlungen tätigen 
Strafverfolgungsbehörden angezeigt war und möglicherweise auch 
zukünftig weiter angezeigt sein wird.
Verstärkte internationale Kooperation der Strafverfolgung
Vor diesem Hintergrund ist das Bestreben der Bundesanwaltschaft zu 
werten, die internationale Zusammenarbeit auf Ebene der 
Strafverfolgungsbehörden im Rahmen der von ihr geführten Verfahren 
zu verwesentlichen und zu beschleunigen, dies jedoch unter strikter 
Beachtung der in der Schweiz geltenden gesetzlichen Regelungen und 
der schweizerischen Rechtsstaatlichkeit. Die Bundesanwaltschaft 
berief zu diesem Zweck im Herbst 2002 eine zweitägige „Quiet 
Conference“ in der Schweiz ein, in deren Rahmen alle in den 
Terrorermittlungen tätigen Strafverfolgungsbehörden in Europa 
vertreten waren und den Informationsaustausch auf 
staatsanwaltschaftlicher Ebene wahrnahmen. Mit den auf 
strafrechtlicher Ebene tätigen US-Behörden wurde auf Initiative der 
Bundesanwaltschaft nach Genehmigung des Bundesrats im September 2002 
ein sogenanntes „Operative Working Arrangement“ abgeschlossen, 
welches die operativen Bedingungen für die Zusammenarbeit im Rahmen 
der Terrorismusermittlungen der Strafverfolgungsbehörden beider 
Länder regelte. Dieses Arrangement hat mit dem Abschluss der 
gerichtspolizeilichen Ermittlungen in der Schweiz in den nächsten 
Tagen und Wochen seinen Zweck erfüllt, und verliert damit wie 
vorgesehen seine auf die Dauer der mit den Anschlägenden des 11. 
September 2001 in Zusammenhang stehenden Ermittlungen beschränkte 
Gültigkeit. Weiter bestehen, wie Bundesanwalt Valentin Roschacher 
vor den Medien ausführte, die Bereitschaft, der Wille und die 
Entschlossenheit der Strafverfolgungs- und Polizeibehörden des 
Bundes, ihren Beitrag zu den internationalen Anstrengungen zur 
Terrorismusbekämpfung auf strafrechtlicher Ebene auch künftig zu 
leisten und damit im Rahmen der in der Schweiz geltenden 
Rechtsstaatlichkeit zu den weltweiten Anstrengungen gegen die 
Bedrohung durch diese Form grenzüberschreitender 
Schwerstkriminalität beizutragen.
Der Informationsverantwortliche:
Hansjürg Mark Wiedmer, Informationschef BA, Tel. 031 / 324 324 0

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