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Fürstentum Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein begründet Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag

Vaduz/Den Haag (ots)

Liechtenstein fordert Anerkennung seiner
Souveränität und Neutralität, Schutz vor künftigen Verletzungen der
Vermögensrechte seiner Staatsangehörigen und Unternehmen sowie
Entschädigung
Am morgigen Donnerstag reicht Liechtenstein beim Internationalen
Gerichtshof in Den Haag die Begründung seiner Klage gegen Deutschland
wegen fortgesetzter Verletzung des Völkerrechts ein. In dem mehr als
200 Seiten umfassenden Memorial erläutert der Sonderbeauftragte und
Verfahrensbevollmächtigte, Dr. Alexander Goepfert, die Haltung des
Landes. "Das Gericht soll feststellen, dass Deutschland die
Souveränität und Neutralität Liechtensteins missachtet und die
Eigentumsrechte seiner Staatsangehörigen verletzt", erläutert
Goepfert. "Zudem wird Schutz vor eventuellen künftigen Verletzungen
der Vermögensrechte von Staatsangehörigen und Unternehmen
Liechtensteins gefordert. Ferner beantragt das Fürstentum
Liechtenstein die Festsetzung einer Entschädigung für die Behandlung
konfiszierten liechtensteinischen Vermögens auf dem Gebiet der
ehemaligen Tschechoslowakei als deutsches Auslandsvermögen, das
seitens Deutschlands zur Begleichung seiner Kriegsschulden
herangezogen werden kann."
Im Juni 2001 hatte Liechtenstein die Klage eingereicht; mit der
nun vorgelegten Begründung tritt das Verfahren in eine neue Phase. In
den kommenden drei Monaten kann Deutschland zur Zulässigkeit der
Klage Stellung nehmen.
Hintergrund des Verfahrens ist die Behandlung liechtensteinischen
Vermögens auf dem Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei als
deutsches Auslandsvermögen durch die Bundesrepublik. Dieses Vermögen
darf nach Auffassung Deutschlands zur Begleichung deutscher
Reparationsschulden gegenüber den ehemaligen Alliierten herangezogen
werden.
Frühere deutsche Position
Noch bis in die 90er Jahre hatte Deutschland jegliche
Reparationsmassnahmen der Alliierten im Ausland als rechtlich nicht
bindend anerkannt. Nach Auffassung Deutschlands verstiess diese
Praxis gegen das Völkerrecht. Deutschland hatte bis dahin alle
Reparationsenteignungen der Alliierten und ihrer Verbündeten, zu
denen auch Enteignungen nach den sogenannten Benes Dekreten gehörten,
lediglich als Faktum toleriert. Für die von den Reparationsmassnahmen
betroffenen Vermögen sollte Entschädigung geleistet werden.
Liechtenstein und Deutschland waren sich dabei einig, dass
liechtensteinisches Vermögen in keinem Fall als deutsches
Auslandsvermögen betrachtet werden könne - folglich deutsche
Kriegsschulden damit auch nicht zu bezahlen seien.
Änderung der deutschen Position
Mitte der 90er Jahre änderte sich die deutsche Position
grundlegend: Sowohl deutsche Gerichte als auch die Bundesregierung
definierten liechtensteinisches Vermögen nunmehr als deutsches
Auslandsvermögen, das in der Logik der Argumentation auch
herangezogen werden könne, um deutsche Reparationsschulden zu
begleichen. In der Konsequenz führte dies dazu, dass Deutschland die
gegen liechtensteinisches Vermögen gerichteten Reparationsmassnahmen
der früheren Tschechoslowakei (Benes Dekrete) als endgültig
akzeptiert und sich nun weigert, dafür Entschädigung zu leisten.
"Somit kommt es dem Fürstentum Liechtenstein darauf an", betont
Goepfert, "seine Interessen gegenüber der Verletzung seiner Rechte
durch Deutschland zu wahren und damit künftigen Verletzungen der
Vermögensrechte seiner Staatsangehörigen und Unternehmen zu
begegnen."
Anhang
Das Verfahren auf einen Blick
Kläger: Fürstentum Liechtenstein
Beklagter: Bundesrepublik Deutschland
Gericht: Internationaler Gerichtshof in Den Haag
Sonderbeauftragter und Verfahrensbevollmächtigter des Fürstentums
   Liechtenstein: Rechtsanwalt Dr. Alexander Goepfert, Düsseldorf
Counsels:
Professor Dieter Blumenwitz (Universität Würzburg),
   Professor James Crawford (Universität Cambridge),
   Professor Gerhard Hafner (Universität Wien) und
   Professor Alain Pellet (Universität Paris X-Nanterre).
Ziele der Klage
  • Der Internationale Gerichtshof soll feststellen, dass Deutschland die Souveränität und Neutralität Liechtensteins missachtet und die Eigentumsrechte seiner Staatsangehörigen verletzt.
  • Die Bundesrepublik soll verpflichtet werden, liechtensteinisches Auslandsvermögen nicht als deutsches Auslandsvermögen zu behandeln, das zur Begleichung deutscher Kriegsschulden herangezogen werden darf. Damit soll das Vermögen der liechtensteinischen Staatsangehörigen und Unternehmen vor künftigen Rechtsverletzungen durch Dritte sicher sein.
  • Deutschland soll verpflichtet werden, die betroffenen liechtensteinischen Staatsangehörigen und Unternehmen zu entschädigen; die Höhe dieser Leistungen soll in einem separaten Verfahren festgesetzt werden.
Chronologie
* Ab 1995 Wechsel der deutschen Position - Nach der Rechtsprechung
     deutscher Gerichte, bestätigt im Jahre 1998 durch das
     Bundesverfassungsgericht, wird liechtensteinisches Vermögen auf
     dem Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei wie deutsches
     Auslandsvermögen behandelt. Es kann, so die Gerichte, zur
     Begleichung deutscher Reparationsschulden gegenüber der
     Tschechischen und der Slowakischen Republik herangezogen werden.
Deutsche Gerichte und die Bundesregierung beziehen sich seither
darauf, dass der Staat Liechtenstein und seine Staatsangehörigen
"Teil der deutschen Nation" seien.
  • 1998-2000 Diplomatische Konsultationen - Zweijährige diplomatische Konsultationen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Liechtenstein brachten keine Lösung. Deutschland lehnt jede völkerrechtliche Haftung ab und weigert sich, Liechtenstein für entstandene Vermögensverluste zu entschädigen.
  • 1. Juni 2001 - Liechtenstein reicht Klage vor dem Internationalen Gerichtshof gegen die Bundesrepublik Deutschland ein.
  • 28. März 2002 - Liechtenstein legt die schriftliche Begründung der Klage vor (sogenanntes Memorial).
Weitere Prozessschritte
  • Innerhalb von drei Monaten hat Deutschland Gelegenheit, zur Zulässigkeit der Klage Stellung zu nehmen.
  • Liechtenstein kann dann wieder auf die Argumentation Deutschlands reagieren.
  • Der Internationale Gerichtshof wird anschliessend über die Zulässigkeit der Klage entscheiden.

Kontakt:

Sonderbeauftragter und
Verfahrensbevollmächtigter
des Fürstentums Liechtenstein
Dr. Alexander Goepfert
Pressestelle
Tel. +49/211/4979-990, -991, -992
Fax +49/211/4979-999
E-Mail: presse@liechtenstein-icj.case.com

Zusätzliche Informationen finden Sie auch im Internet unter:
www.liechtenstein-icj-case.li

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