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Schwer zu fassen, Kommentar zum EU-Grünbuch über Schattenbanken, von Detlef Fechtner.

Frankfurt (ots)

Man könnte meinen, die EU-Kommission habe gestern bereits alle Probleme mit Schattenbanken gelöst. Verbände und Ministerien loben, dass EU-Kommissar Michel Barnier endlich jene an die Leine nimmt, die Bankgeschäfte betreiben, ohne Banken zu sein. Eigentlich, so scheint es, fehle jetzt nur noch die weltweite Angleichung der Regelwerke. Von wegen.

Die EU ist noch weit entfernt von klaren und wirkungsvollen Regeln, die spezifische Risiken von Geldmarktfonds, Verbriefungsgesellschaften oder anderen Investmentvehikeln angemessen begrenzen. Nur zur Klarstellung: Das, was Barnier gestern vorgestellt hat, ist keine EU-Verordnung, sondern ein EU-Grünbuch - nicht das Ergebnis von Überlegungen, sondern der Ausgangspunkt.

Die EU-Behörde muss zunächst einmal einräumen, dass gerade die - auch von ihr betriebene - ehrgeizige Regulierung der traditionellen Kreditwirtschaft einen immer größeren Teil der Geschäfte in den Schatten treibt. Während die Zügelung klassischer Banken fast im Wochentakt voranschreitet, erschöpft sich die Regulierung der Schattenbanken bislang weitgehend in Ankündigungen. Es ist bezeichnend, wenn das Grünbuch an dieser Stelle nicht viel mehr als die Hedgefonds-Richtlinie anführen kann.

Zudem räumen EU-Beamte drei grundsätzliche Probleme ein. Erstens sorgt oft erst das Zusammenspiel mehrerer Zweckgesellschaften und Fonds dafür, dass Risiken entstehen. Sie zu begrenzen, ist schwer, da sich EU-Regulierung gewöhnlich auf einzelne Akteure, nicht deren Interaktion bezieht. Zweitens können Schattenbanken schnell ihre Organisations- und Rechtsform anpassen und damit der schwerfälligeren Regulierung entfliehen. Kurz: Schattenbanken sind regulatorisch schwer zu fassen. Drittens taucht das Problem auf, dass der Begriff sehr unterschiedliche Anbieter zusammenfasst. Ihre Risiken durch europäische One-size-fits-all-Verordnungen eingrenzen zu wollen, ist nahezu unmöglich.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Es ist völlig richtig, dass sich die EU die Schattenbanken vornimmt. Es ist aber noch längst nicht raus, ob die Regulierung der Unregulierten tatsächlich gelingt. Und es ist zu erwarten, dass die EU-Behörde den aus ihrer Sicht einfachsten Weg geht und Schattenbanken über den Umweg ihrer Geschäftspartner, also der traditionellen Banken, an die Leine zu nehmen versucht. Das bedeutet wiederum mehr Aufwand gerade für jene, die beklagen, dass EU-Regulierung vor allem die belastet, die ohnehin schon reguliert sind.

(Börsen-Zeitung, 20.3.2012)

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