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Reformdividende, Kommentar zur Lage am Arbeitsmarkt, von Stephan Lorz.

Frankfurt (ots)

Dass die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im April wieder unter die Drei-Millionen-Marke gerutscht ist, hat nur verhaltene Freude ausgelöst. Denn bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass die Frühjahrsbelebung deutlich schwächer ausfällt als erwartet. Ökonomen sprachen von "Enttäuschung" und "Rückschlag". Und mancher Beobachter sieht gar schon erste Vorboten einer kräftigen Abkühlung infolge der Euro-Schuldenkrise und orakelt vom "Wetterleuchten am deutschen Arbeitsmarkt". Investoren seien insgesamt vorsichtiger geworden und die Absatzmärkte in der Eurozone steckten in der Rezession, weshalb sich auch die Auftragseingänge abschwächten, wird argumentiert.

Es scheint sich die Prognose der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu bewahrheiten, dass das deutsche Beharren auf weiterer Konsolidierung "zerstörerische Wirkung" in den betroffenen Ländern hat und dies letztlich auch Deutschland in den Rezessionsstrudel ziehen wird. Deshalb, so der Rat, sollten der Spardruck gelockert, Reformprogramme gestoppt und stattdessen Investitions- und Jobprogramme aufgelegt werden.

Das aber hätte mit Blick auf die Reaktion der Finanzmärkte wohl eine noch viel zerstörerischere Wirkung für die Gemeinwesen in der Eurozone. Dass sich Reformen und Konsolidieren lohnen, dafür taugt schließlich gerade Deutschland als Vorbild. Einen großen Anteil am hiesigen Jobwunder hat zudem die langjährige Lohnzurückhaltung der heimischen Arbeitnehmer. Sie würden bei nachlassenden Sparanstrengungen in den Euro-Krisenländern um ihre Reformdividende gebracht, weil dann erneut Finanzhilfen nötig wären und Deutschland als Hauptfinanzier zur Ader gelassen würde. Spätestens dann wäre Schluss mit der Solidarität der Werktätigen in der Eurozone, wie sie am 1.Mai erst wieder zelebriert wurde. Statt den Arbeitnehmern in Spanien, Portugal und Italien also einzureden, es gebe einen sanften Weg aus der Krise, sollte die Politik nichts unversucht lassen, um für ihre Sparpolitik und für Reformen zu werben.

Es ist fatal, dass die Reformpolitik inzwischen in den Ruch der Jobzerstörung geraten ist. Dabei zeigt doch Deutschland, dass sie neue Wachstumskräfte entfesseln kann. Der langsamere Jobabbau im April ist beileibe noch nicht das Ende des Jobwunders. Ursache dafür sind Kürzungen bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Zudem wird es für Unternehmen immer schwerer, die richtigen Arbeitskräfte zu finden, je stärker die Zahl der Jobsucher schrumpft. Das zeigt die immer lautere Klage über Facharbeitermangel.

(Börsen-Zeitung, 3.5.2012)

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