Terror folgt Mediendramaturgie: weitere Eskalation wahrscheinlich
Chef des Europäischen Medieninstituts Groebel eröffnet Europaratskongress in französischem Senat
Düsseldorf (ots)
Trotz einer wahrscheinlich weiteren Steigerung der Intensität internationaler Terroranschläge dürfe die Pressefreiheit nicht eingeschränkt werden, auch wenn die Gewalt vor allem auf die Medienaufmerksamkeit abziele. Dies sagte in seiner Eröffnungsrede für den Europakongress "Medien und Terrorismus" im französichen Senat am 17.März 2005 der Generaldirektor des Europäischen Medieninstituts (EMI)Prof. Dr. Jo Groebel.
Vom 11. September über Madrid bis hin zu Beslan und Bagdad sei deutlich geworden, dass die Terroristen immer mehr auch die Regie über die Bilder zu übernehmen versuchten, so der Chef des EMI mit künftigem Sitz in Dortmund. Mehrere Gründe spielten hier den Gewalttätern in die Hände: Bilder seien zum zentralen "Rohstoff" für die politische Auseinandersetzung geworden, und jeder verfüge heute durch Digitalkameras und Internet über die technische Möglichkeit der Bildproduktion und -verbreitung. Durch die grosse Konkurrenz an spektakulärem Material müsse versucht werden, noch schrecklichere Ereignisse und Bilder zu inszenieren, um internationale Aufmerksamkeit zu erreichen. Diese sei ein zentraler Machtfaktor geworden. Selbst der Anschlag von Madrid habe schon nicht mehr die gleiche Medienintensität erreicht wie der 11. September. Dies bestätige das ursprüngliche Ziel der Terroristen, einen noch viel blutigeren Gewaltakt zu verüben. Im Dilemma zwischen Instrumentalisierung durch Terroristen und Informationspflicht beweise die Gesellschaft gerade dadurch ihre Stärke, dass sie nicht vom Grundprinzip unabhängiger Medienberichterstattung abweiche, so Groebel. Allerdings müssten die Medien durch kurz-,mittel- und langfristige Strategien besser auf die nächsten Anschläge vorbereitet sein: Gerade bei Live-Bildern müsse man auch den Mut zum Ausblenden haben; die Redaktionen müssten sich in Szenarien noch besser auf künftige Terrorakte vorbereiten; das Bild des Terrorismus als häufig unpolitische Kriminalität müsse besser im Bewusstsein verankert werden, um ihm jede noch so weithergeholte ideologische oder religiöse Rechtfertigung abzusprechen. Auch durch Bilder dürfe die Gesellschaft nicht erpressbar werden, so Groebel.
Auf der Pariser Konferenz treffen Politiker, Medienexperten und Augenzeugen zusammen, um über die künftigen Herausforderungen des "Medienterrorismus" in Europa zu beraten.
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