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Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse

SNF: Erben ist in der Schweiz eine volkswirtschaftlich bedeutsame Familiensache

Bern (ots)

Land des Erbens
Die Summen, die in der Schweiz von Männern vererbt werden, sind um 
einen Fünftel höher als diejenigen von Frauen. Im Vergleich zum 
Ausland wird in der Schweiz häufiger und mehr geerbt. Erben wird als 
familiäre Privatangelegenheit und nicht als gesellschaftliches 
Gerechtigkeitsproblem gesehen. Dies sind die Hauptergebnisse einer 
Analyse des Erbens, die im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 
„Kindheit, Jugend und Generationenbeziehungen im gesellschaftlichen 
Wandel“ (NFP 52) durchgeführt wurde.
Im Jahr 2000 wurden in der Schweiz 28,5 Milliarden Franken geerbt. 
Allein diese Zahl zeigt die volkswirtschaftliche Bedeutung des 
Erbens. Von Bedeutung ist es auch für die Einzelnen: Zwei Drittel 
aller Schweizerinnen und Schweizer haben bereits geerbt oder 
erwarten eine Erbschaft. Trotzdem waren bisher keine empirischen 
Untersuchungen zum Erben in der Schweiz vorhanden. Heidi Stutz, 
Tobias Bauer und Susanne Schmugge vom Büro für arbeits- und 
sozialpolitische Studien (BASS) legen nun eine im Rahmen des 
Nationalen Forschungsprogramms „Kindheit, Jugend und 
Generationenbeziehungen im gesellschaftlichen Wandel“ (NFP 52) 
erstellte Studie vor, deren Quellen unter anderem Daten des 
kantonalen Zürcher Steueramts und eine Bevölkerungsbefragung bilden. 
Die Summen, die Männer vererben, sind um einen Fünftel höher als die 
der Frauen. Männer machen ausserdem öfter und deutlich höhere 
Schenkungen als Frauen. In der gegenwärtig vererbenden Generation 
scheinen somit die früheren diskriminierenden Regelungen im Ehe- und 
Scheidungsrecht nachzuwirken. Was die Erbenden und Beschenkten 
anbelangt, sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern klein. 
Söhne werden nicht generell privilegiert. Differenzen bestehen 
hauptsächlich bei Betriebsübernahmen.
Im Vergleich zum Ausland wird in der Schweiz häufiger und mehr 
geerbt: Das Gesamtvolumen beträgt über sechs Prozent des 
Bruttosozialprodukts. Dieser Wert ist mehr als doppelt so hoch wie 
beispielsweise in Deutschland. Der Unterschied ist nicht allein auf 
grössere Privatvermögen zurückzuführen. Die Weitergabe des Erbes 
verlief in der vom Zweiten Weltkrieg verschonten Schweiz 
kontinuierlicher als in den umliegenden Ländern; deshalb sind vor 
allem die ältesten Generationen, deren Vermögen bereits vererbt 
wurden oder noch zur Vererbung anstehen, wohlhabender.
Erben ist Familiensache. Der Grossteil des Erbvolumens bleibt in der 
Familie: 58 Prozent gehen an die Kinder, je rund 15 Prozent an die 
Ehepartnerin oder den Ehepartner und andere Verwandte. Sechs Prozent 
werden Nichtverwandten und vier Prozent gemeinnützigen 
Organisationen vermacht. Die Haltungen in Erbfragen sind oft 
ambivalent, beispielsweise bei der Frage, ob alte Menschen ihr 
Vermögen frei aufbrauchen sollen oder ob es eine moralische Pflicht 
gibt, ein Erbe zu hinterlassen. Die meisten Menschen sprechen sich 
für freies Verbrauchen aus: Es gibt kein Anrecht auf ein Erbe, 
obwohl das Vererben gleichzeitig als wünschenswert erscheint. Bei 
der Erbaufteilung zwischen den Kindern dominiert die Norm, dass alle 
gleich viel erhalten sollen. Dass Erben allgemein stärker als 
familiäre Privatsache denn als gesellschaftliches 
Gerechtigkeitsproblem gesehen wird, zeigt die relativ kritische 
Haltung gegenüber der Erbschaftssteuer. Kritisch werden aber auch 
die grossen kantonalen Unterschiede in der Besteuerung eingeschätzt. 
Eine einheitliche Lösung auf Bundesebene könnte bei einer Mehrheit 
der Bevölkerung auf Wohlwollen stossen.
Aufgrund der steigenden Lebenserwartung führt das Erben zu 
Umwälzungen im Generationengefüge. Die Vermögen konzentrieren sich 
immer stärker in der Rentnergeneration: Gingen 1980 noch über zwei 
Drittel der Erbschaften an Personen unter 55 Jahren, so wird es im 
Jahre 2020 noch ein Drittel sein. Ein Beitrag zur Alterssicherung 
sind Erbschaften für die meisten dennoch nicht. Dazu sind sie zu 
ungleich verteilt: Die Hälfte der Erbenden mit den kleinsten 
Erbschaften erhält zwei Prozent der Gesamtstumme, die zehn Prozent 
der Erbenden mit den grössten Erbschaften erhalten drei Viertel. 
Generell erfolgt die Verteilung nach dem Prinzip: „Wer hat, dem wird 
gegeben.“ Gleichzeitig sind Erbschaften, auch wenn sie verglichen 
mit dem Vermögen wohlhabender Leute klein sind, für ärmere Schichten 
wichtig: Sie stellen oft die einzige Möglichkeit dar, überhaupt zu 
Vermögen zu kommen. Ausser an der Spitze der Vermögensverteilung 
sind Erbschaften für die Weitergabe sozialer Ungleichheit von 
Generation zu Generation nicht der bedeutsamste Faktor. Das 
Bildungsniveau und der im Elternhaus vermittelte Erwartungshorizont, 
was einem im Leben zusteht, spielen hier eine wichtigere Rolle.
Publikation: Heidi Stutz, Tobias Bauer, Susanne Schmugge: Erben in 
der Schweiz. Eine Familiensache mit volkswirtschaftlichen Folgen. 
Rüegger Verlag, Zürich 2007.

Kontakt:

Heidi Stutz
Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS)
Konsumstrasse 20
CH-3007 Bern
Tel. +41 (0)31 380 60 88
E-Mail: heidi.stutz@buerobass.ch

Der Text dieser Medienmitteilung sowie weitere Informationen stehen
auf der Website des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung:
http://www.snf.ch > D > Medien > Medienmitteilungen

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