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Schweiz. Gesundheitsobservatorium

Deutliche Zunahme der Behandlungen wegen psychischer Probleme in der Schweiz

Neuchâtel (ots)

Die Nachfrage nach Leistungen der Psychiatrie und der Psychotherapie
ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Wie eine Studie des
Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums belegt, befinden sich fast
5% der Schweizer Bevölkerung in einer psychiatrischen oder
psychotherapeutischen Behandlung. Dennoch sind vor allem Jugendliche
und betagte Männer deutlich unterversorgt.
Zwischen 1997 und 2002 ging der
Bevölkerungsanteil mit psychischen Beschwerden zwar leicht zurück,
aber die Anzahl der Behandlungen wegen psychischer Probleme nahm in
diesem Zeitraum zu. Im Jahre 1997 befanden sich 4.1% der Schweizer
Bevölkerung in Behandlung wegen psychischer Probleme, 2002 waren es
4.5%. Dabei sind die Kosten der Fachärzte für Psychiatrie und
Psychotherapie in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in
diesem Zeitraum um 15% auf 354 Millionen Franken gestiegen. Auch die
Kosten in den psychiatrischen Kliniken stiegen um 18% auf 568
Millionen Franken an. Der Kostenzuwachs liegt bei der Psychiatrie und
Psychotherapie in diesem Zeitraum aber unter jenem der gesamten
Grundversicherung.
Wie die Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums
"Daten zur Versorgung psychisch Kranker in der Schweiz" belegt, geht
die Erhöhung der Behandlungsanteile vor allem auf die Zunahme von
psychiatrischen Behandlungen bei Frauen zurück. Bei den Männern blieb
der Anteil praktisch unverändert. Mit 6.0% lassen sich gut doppelt so
viele Frauen wie Männer (2.9%) behandeln. Bei den Männern sind
deutlich mehr Hospitalisierungen und Diagnosen durch Alkohol und
Drogen zu verzeichnen, während bei Frauen depressive und neurotische
Störungen überwiegen.
Erstmals werden in der Studie gesamtschweizerische und kantonale
Daten über unfreiwillige Eintritte in psychiatrische Kliniken
verglichen. Diese belegen, dass sich die unfreiwilligen Eintritte von
Kanton zu Kanton sehr stark unterscheiden, was mit dem Umgang mit
schwierigen psychisch Kranken zusammenhängt, aber auch mit der
unterschiedlichen Handhabung des fürsorgerischen Freiheitsentzugs
(FFE). Im Jahr 2000 waren in der Schweiz 29.1% aller Eintritte in
psychiatrische Kliniken unfreiwillig.
Psychiatrische Behandlung von älteren Menschen wird problematisch
Ältere Menschen nehmen im Psychiatriebereich eher psychiatrische
Kliniken als ambulant praktizierende Psychiater und Psychiaterinnen
in Anspruch. Ob dies wirklich der freiwillige Entscheid alter
Menschen ist, kann den Daten nicht entnommen werden. Dies heisst aber
nicht, dass psychisch kranke alte Menschen zwangsläufig in einer
Klinik behandelt werden müssten. Diese Einschätzung ist deshalb
besonders wichtig, weil die Zahl alter, pflegebedürftiger Menschen
wachsen wird. Es ist abzusehen, dass in den psychiatrischen Kliniken
ein immer grösserer Druck auf dieses Versorgungssegment entsteht.
Analysen und Verbesserungen der ambulanten psychiatrischen Versorgung
betagter Menschen sind eine grosse Herausforderung der Zukunft.
Die psychiatrische Hospitalisierungsrate ist bei Männern zwischen
dem 20. und 40. Lebensjahr höher als bei Frauen. Die im Zeit-,
Alters- und Geschlechtsvergleich wichtigen Daten belegen aber auch,
dass Jugendliche und ältere Männer psychiatrisch und
psychotherapeutisch bezüglich ambulanter Behandlungen deutlich
unterversorgt sind.
Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) ist eine
Organisationseinheit des Bundesamtes für Statistik, die im Rahmen des
Projektes Nationale Gesundheitspolitik entstanden ist und von Bund
und Kantonen einen Leistungsauftrag erhält. Das
Gesundheitsobservatorium analysiert die vorhandenen
Gesundheitsinformationen in der Schweiz. Es unterstützt Bund, Kantone
und weitere Institutionen im Gesundheitswesen bei ihrer Planung,
ihrer Entscheidfindung und in ihrem Handeln.
Isabelle Sturny, Sacha Cerboni, Stephan Christen, Peter C. Meyer
(2004). Daten zur Versorgung psychisch Kranker in der Schweiz;
Arbeitsdokument Nr. 4 des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums,
Neuchâtel, CHF 12.--, ISBN Nr. 3-907872-07-X

Kontakt:

Peter C. Meyer
Schweizerisches Gesundheitsobservatorium
Tel. +41/32/713'61'31
E-Mail: peter.meyer@bfs.admin.ch
Internet: http://www.obsan.ch

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