pafl: 14. Europa-Tag des Denkmals im Fürstentum Liechtenstein
(ots)Neues Wohnen im Baudenkmal: Das «Brendlehaus» in Schellenberg
Der 14. Europa-Tag des Denkmals im Fürstentum Liechtenstein steht im Zeichen des neuen Wohnens im Baudenkmal. Das am 16. September 2006 von 10.00 bis 17.00 Uhr zur Besichtigung offen stehende «Brendlehaus» in Schellenberg wurde jüngst unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten instand gestellt und weiterentwickelt. Es konnte somit authentisch für zeitgemässe Wohnzwecke erhalten bleiben.
Das «Brendlehaus» wurde 1815/16 erbaut und befand sich bis 2002 im Eigentum der Weinbauernfamilie «Brendle». In diesem Jahre erwarb die Gemeinde Schellenberg das seit längerem leer stehende Bauernhaus, um es als Zeugnis der bäuerlichen Bau- und Wohnkultur erhalten zu können. Im Frühjahr 2004 hat sie auf Anregung und mit Unterstützung der Denkmalpflege vier Architekturbüros zu einem Projektwettbewerb zur Gewinnung von Entwürfen für die denkmalschutzgerechte Instandstellung und Nutzung des Objektes eingeladen. Sieger des Wettbewerbes waren die Architekten Ulrike Mayer und Urs Hüssy aus Triesen. Die Bauarbeiten sind nun abgeschlossen. Das Wohnhaus ist instand gestellt und der ehemalige Wirtschaftsteil wurde bei Erhaltung des äusseren Erscheinungsbildes und der inneren Konstruktion zu Wohnzwecken umgebaut. Neu und Alt stehen jetzt in einer selbstverständlichen und sich einander ergänzenden Form nebeneinander. Neues Wohnen im Baudenkmal wurde möglich.
Europarat und Denkmalpflege
Seit dem Jahr 1978 ist das Fürstentum Liechtenstein Mitglied des Europarates. Der Europarat sieht seine Hauptaufgabe in der Verteidigung und Weiterentwicklung der Menschenrechte sowie im Schutz und in der Pflege der kulturellen Werte Europas. Die Mitgliedschaft beim Europarat verpflichtet Liechtenstein zu einer aktiven Mitwirkung bei der Diskussion und Weiterentwicklung der europäischen Grundsätze und der darauf abgestellten Einzelaspekte. Der Europarat will mit der Fokussierung auf diese wenigen aber wichtigen Themen, zu denen auch die ausgewogene Raumentwicklung und die Raumplanung gehören, das Verständnis für das Wertgefüge einer friedlichen und verständnisvollen Zusammenarbeit der Regionen und gesamthaft der Menschen Europas fördern. Diese Ziele sollen erreicht werden insbesonders mit folgenden Instrumenten: Empfehlungen des Ministerrates (europäische Aussenminister), Chartas und europäische Konventionen zu wichtigen Themen. Der Europarat unterstützt die Weiterentwicklung der Demokratie und der Menschenrechte durch Beratung und Hilfe. Er unterstützt die Mitgliedstaaten mittels technischer Zusammenarbeit insbesonders in den Bereichen der Kultur, der Pflege der Kulturlandschaften, einer geordneten räumlichen Entwicklung. All diese Prinzipien und Arbeiten dienen einem Europa in Frieden, einem Europa der kulturellen Unterschiede wie auch Gemeinsamkeiten, einem Europa, in dem die Gesellschaft und jeder einzelne für Gerechtigkeit, Frieden, Kultur, Toleranz und Ausgleich einstehen soll. In seinem 50-jährigen Bestehen hat der Europarat viel erreicht, aber auch grosse Rückschläge zur Kenntnis nehmen müssen, wie beispielsweise beim Zerfall und Krieg der Balkanstaaten.
Für die Förderung eines verstärkten Kulturverständnisses hat der Europarat auf Anregung Frankreichs vor rund 15 Jahren die europäischen Tage des Denkmals eingeführt. Anfang September findet abwechselnd in einem der Mitgliedstaaten die offizielle Eröffnung dieser Denkmaltage statt. Diese Eröffnung wird in der Regel in der jährlich wechselnden "Kulturhauptstadt" Europas durchgeführt. Diese Aktion erfolgt in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und dem betreffenden Mitgliedsland und findet im Jahre 2006 in Petersburg, Russland, statt. Seit mehr als zehn Jahren beteiligt sich das Fürstentum Liechtenstein bei diesem europäischen Denkmalanlass. Das gemeinsame Ziel des Europarates und der Mitgliedstaaten ist es, mit diesem europäischen Denkmaltag die Bevölkerung und die Politik für die differenzierten Anliegen der Kultur, des kulturellen Lebens, der Kulturlandschaft und deren gestalteten Weiterentwicklung sowie gesamthaft des gebauten Erbes Europas zu sensibilisieren. Gleichzeitig wollen der Europarat und die Mitgliedstaaten aber auch auf die unverzichtbare Bedeutung eines geeinten und friedlichen Europas hinweisen, das seine kulturellen Werte und Eigenarten pflegt und mehrt.
Aufgrund der Kleinheit und der speziellen Entwicklung Liechtensteins ist das Kulturgut im Vergleich zu anderen grösseren europäischen Staaten begrenzt und kennt nur wenig Kulturgüter von europäischem Rang. Umso wichtiger ist daher die Pflege der einfachen Baukultur, nämlich des Bauernhauses, der bäuerlichen Hausgruppe. Diese Bauten haben Jahrhunderte lang die bäuerliche Wirtschaft des Landes und unserer Dörfer geprägt. Die wirtschaftliche und bauliche Prosperität des Landes haben bereits viele dieser anonymen heimat-, kultur- und baugeschichtlich aber dennoch sehr interessanten Bauten als Zeugen einer wirtschaftlichen und baulichen Entwicklung Liechtensteins geopfert. Wesentlich ist somit der Auftrag an Eigentümer, Gemeinden und Staat, dem noch vorhandenen Bestand möglichst umfassenden Schutz und gute Pflege zukommen zu lassen. Das "Brendlehaus" in Schellenberg ist ein gutes Beispiel dafür, alte Bausubstanz zu erhalten, und mit verträglichen Massnahmen an die Bedürfnisse des heutigen Lebens anzupassen und somit dessen Nutzung auf Dauer zu ermöglichen. Denkmalschutz und Denkmalpflege werden an diesem Objekt prototypisch aufgezeigt: Denkmalschutz will kein "Museumshaus", sondern ein mit angemessenen baulichen Eingriffen und Massnahmen weiterentwickeltes Wohnhaus, das dank seiner Nutzung auch langfristig und lebendig erhalten bleibt.
Kontakt:
Hochbauamt
Abt. Denkmalpflege und Archäologie
Patrik Birrer
Tel.: +423/236 62 82
Factbox
14. Europa-Tag des Denkmals im Fürstentum Liechtenstein
«Brendlehaus», Platta 19, FL-9488 Schellenberg
16. September 2006 10.00 - 17.00 Uhr
10.00 Uhr feierliche Eröffnung mit Regierungsrätin Rita Kieber-
Beck und Gemeindevorsteher Norman Wohlwend
anschliessend stündlich Führungen mit dem Denkmalpfleger Patrik
Birrer und den Architekten Ulrike Mayer und Urs Hüssy
Freie Besichtigung des nahe gelegenen bäuerlichen
Wohnmuseums «Biedermannhaus» von 10.00 bis 17.00 Uhr; um 13.30 und
15.30 Uhr Führungen