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Caritas-Forum in Bern: Ist Alterspflege Privatsache?

Luzern (ots)

Die Schere zwischen Arm und Reich wird mit dem
fortschreitenden Alter grösser. Die Ältesten gehören zu jenen 
sozialen Gruppen in der Schweiz, die am stärksten armutsgefährdet 
sind - mit einschneidenden Folgen für die Betroffenen und ihre 
Angehörigen. Dabei wächst die Zahl der Hochaltrigen. Was bedeutet 
diese Entwicklung für den sozialen Zusammenhalt? Und wie lässt sich 
die Alterspflege in der Schweiz sozial gerecht gestalten? Darüber 
diskutieren am heutigen Caritas-Forum in Bern 200 Personen aus 
Politik, Wirtschaft und dem Sozialbereich.
"Unsere Verfassung legt fest, dass niemand diskriminiert werden 
darf, namentlich nicht wegen des Alters und der sozialen Stellung. 
Papier ist allerdings geduldig", stellte in seinem Referat Otto 
Piller klar, Präsident der Curaviva Schweiz und ehemaliger Direktor 
des Bundesamtes für Sozialversicherungen. Er wies auf die Tendenz 
hin, den Verfassungsgrundsatz und damit den sozialen Zusammenhalt 
unter dem Vorwand der Kostensenkung im Gesundheitsbereich in Frage zu
stellen. "Wenn wir dieser Entwicklung nicht Einhalt gebieten, wird 
sich im Pflegealltag schleichend eine Zweiklassenversorgung 
entwickeln. Die armen Alten werden immer mehr unter dem Spardruck zu 
leiden haben. Ihnen werden notwendige Pflegeleistungen verweigert. 
Die reichen Alten können sich dagegen in privaten Seniorenresidenzen 
verwöhnen lassen: eine inakzeptable Vorstellung."
Kathrin Amacker, Leiterin der Unternehmenskommunikation der 
Swisscom und ehemalige Nationalrätin setzte sich mit der Frage der 
Vereinbarkeit von Beruf und Familie auseinander und wies in ihrem 
Vortrag darauf hin, dass berufstätige Personen längst nicht mehr nur 
für ihre Kinder sorgen, sondern häufig ihre pflegebedürftigen 
Angehörigen betreuen. "Diese heute noch wenig beleuchtete Dimension 
wird aufgrund des demographischen Wandels für Unternehmen immer 
wichtiger". Sie führte weiter aus: "Das in der Unternehmenspolitik 
festgelegte Engagement der Firma für die Vereinbarkeit von Beruf und 
Familie erstreckt sich konsequenterweise über alle Lebensphasen und 
ist nicht nur auf die Bedürfnisse der Eltern auszurichten."
Die Hochaltrigkeit stellt aber nicht nur einzelne Familien vor 
neue Herausforderungen, sondern die Gesellschaft im Ganzen. Wie ist 
die Schweiz auf jene Entwicklungen vorbereitet, die sich mit der 
zunehmenden Gruppe von Hochbetagten stellen? Was bedeutet die 
demografische Entwicklung für das System der Pflegefinanzierung? Mit 
dem Thema Pflegefinanzierung als Herausforderung für die Demokratie 
beschäftigte sich in seinem Vortrag Pierre-Yves Maillard, Waadtländer
Regierungsrat und Vorsteher des Departementes für Gesundheit und 
Soziales. Er unterstrich, dass die Schweiz genügend reich sei, um 
allen eine qualitativ gute Pflege zukommen zu lassen, ohne die 
Pflegeleistungen rationieren zu müssen. Der Kanton Waadt habe bei den
Pflegekosten 130 Millionen Franken einsparen können, indem er doppelt
so viel in die Betreuung zu Hause investierte, als dies im 
schweizerischen Durchschnitt der Fall sei.
Martin Mezger, Spezialist für Alters- und Generationenfragen sowie
ehemaliger Direktor der Pro Senectute, machte schliesslich darauf 
aufmerksam, dass Hochaltrigkeit eine Phase der Lebens und nicht nur 
des Sterbens sei: "Auch wer wirklich pflegebedürftig ist, kann und 
darf nicht ausschliesslich über die Tatsache definiert werden, dass 
er Betreuung braucht." Er kritisierte denn auch den Trend, das vierte
Lebensalter auf seine Bedürftigkeit hin zu reduzieren: "Gerade im 
Bereich der Hochaltrigkeit liegt heute die Deutungshoheit zumeist 
beim professionellen Umfeld, nicht bei den betreffenden Menschen 
selbst. Dies gilt es zu erkennen und zu korrigieren."
Am anschliessenden Podium diskutierten die Referentinnen und 
Referenten, verstärkt vom Professor für Sozialwissenschaften 
Jean-Pierre Fragnière mit dem Moderator Iwan Rickenbacher, inwiefern 
Alterspflege Privatsache oder Gesellschaftsfrage sei und wie sie in 
Zukunft auszugestalten ist, dass sie sozial gerecht bleibt.
Caritas Schweiz hat parallel zum Forum den Sozialalmanach 2011 dem
Schwerpunkt "Das vierte Lebensalter" gewidmet. Der Almanach ist zu 
beziehen unter: www.caritas.ch

Kontakt:

Stefan Gribi
Leiter Abteilung Information
Mobile: +41/79/334'78'79

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