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Iris Bohnet: "Wir reagieren auf Dinge, obwohl sie keinen Einfluss auf die Leistung haben" - BILD

11.10.2017 – 16:25  Vienna Behavioral Economics Network (VBEN)    [newsroom]

Wien (ots) -

Am 10. Oktober 2017 begeisterte die Schweizer Verhaltensökonomin Iris Bohnet das Publikum beim "Vienna Behavioral Economics Network" (VBEN) im Kassensaal der Oesterreichischen Nationalbank mit ihrer Keynote "What works - Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann". Darin erläuterte sie praxisnahe, wie wir Erkenntnisse aus der verhaltensökonomischen Forschung nutzen können, um in der Wirtschaft für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu sorgen und dadurch die Qualität zu heben.

Verhaltensdesign stellt dafür oft sehr einfache, aber effiziente Werkzeuge zur Verfügung. In einem Orchester, wie Bohnet erzählte, konnte der Frauenanteil alleine dadurch erheblich erhöht werden, dass BewerberInnen hinter einem Vorhang vorspielten und nur merh die Musik selbst eine Rolle spielte. Denn auch wenn es uns oft gar nicht bewusst ist, so tragen wir doch alle Vorurteile in uns und lassen uns bei Entscheidungen von irrationalen Faktoren beeinflussen.

Für die international anerkannte Verhaltensökonomin und Experimentalforscherin Iris Bohnet, die seit 2011 Dekanin der Wirtschaftsfakultät an der berühmten Harvard Kennedy School in Cambridge und seit 2012 auch Mitglied des Verwaltungsrates der Credit Suisse ist, steht daher immer die Frage, welche das sind und wie wir dagegen steuern können, im Mittelpunkt ihrer Forschung.

Zwtl.: Bewertungskriterien müssen objektiv vergleichbar sein

Für den Rekrutierungsprozess empfiehlt Bohnet etwa ganz klar strukturierte Interviews. Sicher könne es spannend sein herauszufinden, dass man mit einer Bewerberin die Leidenschaft für ein bestimmtes Hobby teilt, aber was sagt das darüber aus, ob sie auch die Beste für den Job ist? Oder was hat die Attraktivität eines Menschen mit seiner Leistungsfähigkeit zu tun? Daher brauche es objektiv vergleichbare Bewertungskriterien. "Sobald wir jemanden sehen, passieren in unseren Köpfen unheimlich viele Dinge. Wir reagieren darauf, obwohl sie keinen Einfluss zum Beispiel auf die Leistung haben", sagte Bohnet. "Menschen machen Fehler, das ist ja auch die Prämisse der Verhaltensökonomie."

Ziel von Verhaltensdesign ist es, all diese Faktoren auszublenden: Mit einem einfachen Vorhang, mit technischen Tools, mit genderneutraler Sprache in Stellenanzeigen, indem wir bei Bewerbungen Namen und andere Daten abdecken oder Tests einfacher und gerechter gestalten. "Nicht alle Menschen bekommen die gleiche Unterstützung, um Leistung zu bringen", gab Bohnet zu bedenken.

Das bestätigte auch Gundi Wentner, Gründungspartnerin von Deloitte Human Capital Österreich, im Anschluss an Bohnets Keynote aus ihrer Praxis. Wichtig sei es, Frauen bis in die Endrunde des Bewerbungsprozesses zu bringen. Ab dem Zeitpunkt, an dem alle die gleichen Aufgabenstellungen zu lösen haben, spiele das Geschlecht dann meistens keine Rolle mehr.

Zwtl.: Dinge sichtbar machen und Vorbilder schaffen

Beim Verhaltensdesign geht es zuerst einmal darum, das Problem zu erkennen, dann die internen Prozesse entsprechend anzupassen, die Umsetzung mit konkreten Zielvorgaben und möglicherweise auch mit Anreizen zu fördern - und die Wirksamkeit mit Experimenten zu überprüfen. Es geht darum, Dinge sichtbar zu machen und auch darum, Rollenvorbilder zu schaffen, um dauerhaft für Geschlechtergerechtigkeit zu sorgen und dadurch die jeweils wirklich am besten geeigneten MitarbeiterInnen anzuziehen. Es ist ein wichtiger Schritt, auch wenn noch viel zu tun ist, wie Bohnet zugibt: "Aber es muss einmal begonnen werden. Es müssen mehr Frauen in Führungspositionen kommen, damit sich auch langfristig etwas ändert."

Zwtl.: Save the date: 14. November 2017

Das nächste Treffen des "Vienna Behavioral Economics Network" findet am 14. November 2017 um 18:30 Uhr in der Arbeiterkammer Wien (Plößlgasse 2, 1040 Wien) statt. Dann wird der britische Ökonom Andrew Oswald von der Universität Warwick in seiner englischsprachigen Keynote "Happiness and Work" erklären, wie glücklich oder auch unglücklich uns Arbeit macht und was das für die Wirtschaft bedeutet.

Anmeldung unter: [http://vben.at/] (http://vben.at/)

Zwtl.: Über das Vienna Behavioral Economics Network

Behavioral Economics - die Ökonomie der Menschlichkeit

Um das wirtschaftliche Verhalten von Menschen zu verstehen, genügt das Menschenbild der traditionellen Wirtschaftswissenschaften oft nicht. Diese gehen davon aus, dass Menschen nur mit dem Kopf entscheiden, d.h. Vor- und Nachteile von alternativen Handlungsweisen sorgfältig gegeneinander abwägen und die aus ihrer Sicht beste Option daraus wählen. Die Verhaltensökonomik geht im Gegensatz dazu davon aus, dass Menschen mit Kopf und Bauch entscheiden.

So sind Menschen nicht nur vom Eigennutz getrieben, sie sind nicht immer rational und haben auch nicht unendlich viel Willenskraft. Seit den 1970er Jahren hat sich die Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) innerhalb der Wirtschaftswissenschaften als eigene Disziplin etabliert.

Die Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Daniel Kahneman, George Akerlof, Vernon Smith und Reinhard Selten haben die Grundlagen für diese Disziplin geschaffen. Und gemeinsam mit Ökonomen wie Richard Thaler, Colin Camerer, Dan Ariely und Ernst Fehr haben sie evidenzbasiertes Wissen zum menschlichen Verhalten geschaffen, das Unternehmen und der Politik hilft, bessere Entscheidungen zu treffen, faire Märkte zu designen und Verhaltensänderungen anzuregen - ein Wissen, das von immer mehr Regierungen und Organisationen erfolgreich genutzt wird.

Zwtl.: Vienna Behavioral Economics Network - Austausch zwischen Wissenschaft & Praxis

Um die Erkenntnisse der verhaltensökonomischen Forschung mit Interessierten zu teilen, wurde das Vienna Behavioral Economics Network (VBEN) gegründet. Es ist eine Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Regelmäßig werden dort Expertinnen und Experten ihre Erfahrungen bei der praktischen Anwendung und evidenzbasierten Erforschung von verhaltensökonomischen Fragen präsentieren. Eingeladen sind Manager, Politiker, Wissenschaftler, Studierende und natürlich alle anderen Interessierten, die teilnehmen möchten.

Weitere Informationen und Anmeldung auf der Website des Vienna Behavioral Economics Network: [www.vben.at] (http://www.vben.at/)

Weitere Bilder finden Sie in der [APA-Fotoservice Galerie] (https://www.apa-fotoservice.at/galerie/10390/ )

Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM / Originalbild-Service sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at

Rückfragehinweis:
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   Tel: +43.720.513275
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