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Europäische Abschlüsse in Zahnmedizin ohne Patientenkontakt

10.01.2017 – 09:00  Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft SSO    [newsroom]

Bern (ots) -

Ein zahnmedizinisches Studium abschliessen ohne je am Patienten gearbeitet zu haben: Dass dies geschieht, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Frankreich. 10% aller Zahnmedizin-Abgänger in der Europäischen Union haben ohne praktische Erfahrung promoviert. In der Schweiz absolvieren Studierende der Zahnmedizin viele Ausbildungsstunden am Behandlungsstuhl.

Im Rahmen des freien Personenverkehrs dürfen Zahnärztinnen und Zahnärzte des Schengen-Raums innerhalb der Mitgliedstaaten ihren Beruf frei ausüben. Grundsätzlich ist deshalb die Ausbildung als gleichwertig zu betrachten. Nicht immer entspricht die formelle Gleichwertigkeit eines ausländischen Diploms der tatsächlichen Qualität des Ausbildungsganges. Gerade die praktische Ausbildung kommt häufig zu kurz. Dies zeigt die Umfrage, die in 19 Ländern der EU durchgeführt wurde. Zehn Prozent aller befragten Studienabgänger haben angegeben, nie selber an einem Patienten gearbeitet, sondern höchstens zugeschaut zu haben. In der Schweiz ist das anders: An allen vier zahnmedizinischen Universitäten des Landes macht die praktische Arbeit einen grossen Teil der Ausbildung aus.

Die an der Universität Rennes entwickelte Umfrage ergab auch, dass die diversen praktischen Behandlungen unterschiedlich oft durchgeführt wurden. Nicht nur komplexere Behandlungsmethoden wurden lediglich oberflächlich geschult, auch Basiselemente sind betroffen: Ein Student von dreien konnte in seinem Studium nie eine Prothese fixieren. Fast jeder zweite Student hat nie eine Wurzelbehandlungsrevision vorgenommen.

Bewusst verzichtet die Studie darauf, aufzuzeigen, an welchen Universitäten oder in welchen Ländern die Ausbildung mangelhaft ist. Laut Marco Mazevet, dem Verfasser der Studie, geht es nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen, sondern für die Missstände allgemein zu sensibilisieren.

Es lässt aufhorchen, dass sich eine grosse Mehrheit der Antwortenden trotz der belegten Mängel in der Ausbildung als hinreichend kompetent betrachtet: 75% sind überzeugt, immerhin die Hälfte der in der Studie aufgelisteten Behandlungen selbständig ausführen zu können.

Für weitere Auskünfte:

Marco Tackenberg,
Presse- und Informationsdienst SSO,
Tel. 031 310 20 80