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Fachverband Sucht / GREA / INGRADO / Sucht Schweiz / Blaues Kreuz / AA / SSAM Angehörigen von Alkoholkranken eine Stimme geben

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12.05.2016 – 10:00  Sucht Schweiz / Addiction Suisse / Dipendenze Svizzera    [newsroom]

Lausanne (ots) -

Nur etwa 4% der Nahestehenden Alkoholkranker suchen im Verlauf eines Jahres Hilfe. Dies, obschon das Zusammenleben mit einer alkoholkranken Person zu schweren Belastungen führen kann. Der Nationale Aktionstag Alkoholprobleme vom 19. Mai bietet Gelegenheit, die bestehenden Unterstützungsangebote be-kannter zu machen und den mitbetroffenen Angehörigen eine Stimme zu geben.

Sich Hilfe zu holen fällt vielen schwer

Unsicherheit, Konflikte und stete Sorgen bestimmen den Alltag vieler Nahestehender von Alkoholkranken. Partner, Eltern, Kinder, Geschwister, aber auch Freunde oder Arbeitskolleginnen können mehr oder weniger stark mitbetroffen sein. Das Zusammen-leben mit einer alkoholkranken Person kann zu Gefühlen wie Scham, Schuld und Hilflosigkeit führen, was den Schritt, sich Unterstützung zu holen, erschwert. Im Jahr 2014 haben sich vier Mal weniger Nahestehende Hilfe auf einer Sucht-beratungsstelle geholt als Personen, die ein Alkoholproblem haben. Nach einer Befragung von Suchtmonitoring Schweiz suchen sich im Lauf eines Jahres nur 4% der Personen, die eine alkoholkranke Person im Umfeld haben, fachliche Unterstützung. Mehr Frauen als Männer tun diesen Schritt.

Aktionen in der ganzen Schweiz

Organisationen, die in der Suchtberatung und -therapie tätig sind, bereiten sich seit Monaten auf diesen Tag vor. Am 19. Mai finden verschiedenste Aktionen in der ganzen Schweiz statt: Vorträge, offene Türen, Theater und weitere Events bringen der Öffentlichkeit das Thema näher und machen auf Hilfsangebote aufmerksam. Dies ist drängend, weiss man doch, dass rund eine halbe Million Menschen in ihrem nahen familiären Umfeld eine Person mit einem Alkoholproblem haben. Dazu kommen rund 100'000 Kinder, die in einer alkoholbelasteten Familie aufwachsen.

Unterstützung erhalten

Die meisten Suchtberatungsstellen sind auch für Angehörige da. "Hilfe schafft Klarheit. Angehörige sind oft unsicher: Übertreibt der andere mit seinem Konsum? Oder reagiere ich übertrieben? Unterstützung hilft, im eigenen Kopf aufzuräumen" erklärt, Pascale Ernst von der Waadtländischen Suchtberatung FVA. Die Beratungen sind vertraulich und oft kostenlos. Eine andere wichtige Anlaufstelle sind die Selbsthilfegruppen wie zum Beispiel die von Al-Anon. Es bestehen auch Online-Beratungsangebote (z.B. dasjenige von www.safezone.ch) oder telefonische Kurzberatungsangebote (z.B. von Sucht Schweiz, Tel. 0800 104 104).

An sich selbst denken

Wenn Angehörige sich Hilfe holen, tun sie das oft, weil sie wissen möchten, wie sie der suchtkranken Person helfen können. Die Rolle der Beraterinnen und Berater oder der Selbsthilfegruppen besteht insbesondere darin, Angehörigen dabei zu helfen, wieder zu sich selbst zu finden und die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen. Oft kommt so dann auch Veränderung in die gesamte Situation.

Der Nationale Aktionstag Alkoholprobleme Der Nationale Aktionstag Alkoholprobleme wird von den drei sprachregionalen Fachverbänden Fachverband Sucht, Groupement Romand d'Etudes des Addictions, INGRADO - Servizi per le dipendenze sowie vom Blauen Kreuz, von den Anonymen Alkoholikern (AA), von der Schweizerischen Gesellschaft für Suchtmedizin (SSAM) und von Sucht Schweiz getragen. Der Aktionstag wird durch das Nationale Programm Alkohol finanziell unterstützt. Er findet alle zwei Jahre alternierend mit der Dialogwoche Alkohol des Bundesamtes für Gesundheit statt. Mehr Informationen zum Aktionstag: www.aktionstag-alkoholprobleme.ch

Unterstützungsangebote

www.suchtindex.ch (infodrog) www.al-anon.ch www.alcorisk.ch (Blaues Kreuz) www.papatrinkt.ch, www.mamatrinkt.ch (Sucht Schweiz) www.elternundsucht.ch (Sucht Schweiz)

Informationen

Broschüre "Leben mit einem alkoholabhängigen Partner/Leben mit einer alkoholabhängigen Partnerin" (Sucht Schweiz) http://shop.addictionsuisse.ch/de/alkohol/208-leben-mit-einem-alkoholabhangigen-partner.html

Broschüre "Alkoholabhängigkeit - auch Nahestehende sind betroffen" (Sucht Schweiz) http://shop.addictionsuisse.ch/de/alkohol/188-alkoholabhangigkeit-auch-nahestehende-sind-betroffen.html

Faltblatt "Nahestehende von Menschen mit einem Suchtproblem: Was tun?" (Sucht Schweiz) http://shop.addictionsuisse.ch/de/substanzen-und-verhalten/314-nahestehende-von-menschen-mit-suchtproblemen-was-tun.html

Kampagne vom Blauen Kreuz, u.a. auch mit Filmen, die Angehörige ansprechen: www.ich-auch.info (demnächst online)

Website www.alkoholkonsum.ch/fuer-nahestehende/ mit Informationen für Angehörige. Suchtberatungsstellen und Organisationen der Selbsthilfe können die beiden Webvideos "Alkoholabhängigkeit: eine Belastung auch für Angehörige" und "Alkoholabhängigkeit: Wie Angehörige Unterstützung finden" auch auf ihren eigenen Websites einbetten. Die beiden Filme à 8 Minuten können Angehörige dazu motivieren, sich Unterstützung zu holen.

Statements einer Angehörigen

Raymonde, die mit einem alkoholabhängigen Partner zusammengelebt hat, berichtet: "Ich hatte viele Schuldgefühle, weil ich überzeugt war, ich sei schuld. Ich ging selten raus, kaufte schnell ein und ging wieder nach Hause. Ich hatte Angst vor dem Blick der anderen. Ich lebte wie eine Gefangene. Ohne Gitter oder verschlossene Türen zwar, aber als Gefangene meiner selbst." "Selbsthilfegruppen sind sehr solidarisch, man erlebt dort aufrichtige Freundschaft. Das funktioniert natürlich nur wegen der Vertraulichkeit."

Interview mit einer Suchtberaterin

Wie läuft eine Beratung ab? Alicia Seneviratne, Psychologin und Psychotherapeutin FSP, Service d'alcoologie, CHUV: In der Alkoholberatung des Universitätsspitals Lausanne können Angehörige anrufen oder Fragen per Internet stellen. Sie haben auch die Möglichkeit, zu uns in eine Beratung zu kommen, sei es alleine oder punktuell im Rahmen der Behandlung der alkoholabhängigen Person, mit deren Einverständnis. Wir bieten auch Paar- und Familienberatungen an.

Was genau darf eine Person erwarten, die sich an Sie wendet? A. Seneviratne: Sie wird gehört und ernst genommen. Angehörige erhalten Informationen über Suchterkrankungen und deren Auswirkungen auf die sozialen Beziehungen. Die Beratungen erlauben es auch, neue Wege in der Beziehung zur abhängigen Person zu eröffnen, so dass Bewegung in die gesamte Situation kommen kann. Unser Team ist multidisziplinär, mit ÄrztInnen, PsychologInnen, Pflegenden, Sozialarbeitenden.

Wie lange dauert eine Beratung? A. Seneviratne: Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal reichen eine oder ein paar wenige Sitzungen. Es kann aber auch zu einer mittel- oder längerfristigen Begleitung kommen. Die therapeutischen Angebote richten sich nach den individuellen Bedürfnissen.

Gibt es etwas, was Sie den Angehörigen sagen möchten? A. Seneviratne: Sie sollten nicht alleine bleiben und sie sollten ihr Schweigen brechen. Es gibt therapeutische Angebote, die dabei helfen, aus der Sackgasse herauszu-kommen. Angehörige sollten nicht zögern, sich fachliche Unterstützung zu holen, sei dies individuell, als Paar oder Familie.

Diese Medienmitteilung finden Sie auch auf der Internetseite von Sucht Schweiz http://www.suchtschweiz.ch/de/ sowie auf www.aktionstag-alkoholprobleme.ch

Kontakt:

Markus Meury
Mediensprecher
Sucht Schweiz
Tel. 021 321 29 63
mmeury@suchtschweiz.ch