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Der Terrorismus rückt wieder näher / Leitartikel von Jochim Stoltenberg

18.06.2014 – 21:35 

Berlin (ots) -

Die Botschaft ist wahrlich keine beruhigende. Der neue Verfassungsschutzbericht kündet von starken Zunahmen der Gewalttaten sowohl der rechts- wie linksextremen Szene. Angriffe insbesondere gegen Asylbewerber durch Neonazis, gegen Polizeibeamte durch die Anarcho-Szene verlieren ihren Schrecken nicht. Doch sie haben gottlob nicht die Dimension, die Grundfesten der Gesellschaft zu erschüttern oder landesweit Angst und Schrecken zu verbreiten. Es ist keine Verharmlosung dieser Gewalt, wenn die derzeit größte Bedrohung von anderer Seite ausgeht: Vom Islamismus, aktuell besonders von "Foreign Fighters" - also aus Syrien heimkehrende Bürgerkriegskämpfer, die auch in Deutschland terroristisch aktiv werden. Dass diesen Befürchtungen einen sehr realen Hintergrund haben, hat sich dieser Tage wieder bewahrheitet. Am Wochenende hatte die Bundespolizei am Flughafen Tegel einen Kämpfer aus dem syrischen Bürgerkrieg festgenommen, der als äußerst gefährlich eingestuft wird und der möglicherweise Nachschub für den "Heiligen Krieg" rekrutieren oder Anschläge vorbereiten wollte. Vor vier Wochen war es ein aus Syrien zurückgekehrter französischer Islamist, der im Brüsseler Jüdischen Museum mehrere Menschen erschoss. Wenn der Bundesinnenminister jetzt davon spricht, die Möglichkeit eines Anschlags durch solche Syrien-Rückkehrer sei eine "tödliche Realität" geworden, ist das kein Alarmismus. Deutschland ist bislang von islamistischen Terrorangriffen verschont geblieben. Es ist egal, ob es allein glückliche Umstände waren oder ob eine erfolgreiche Abwehrarbeit der Sicherheitsbehörden den meisten Deutschen erlaubt, das latente islamistische Gefahrenpotenzial zu verdrängen. Dabei übersehen leider zu viele etwas Entscheidendes: Der international agierende islamistische Terrorismus kann nicht allein national, sondern nur durch internationale Zusammenarbeit, insbesondere durch gegenseitigen Informationsaustausch, abgewehrt werden. Das wollen offenbar all die Kritiker nicht wahrhaben, die die Kooperation der Geheimdienste fundamental attackieren. Sie haben, die NSA allen voran, schwerwiegende Fehler gemacht. Die gilt es zu beenden. Nicht etwa die Zusammenarbeit der westlichen Nachrichtendienste, denn ohne wäre sie Deutschland weniger sicher. Wer den Diensten die Grundlage zu vertraulicher Kooperation entziehen will, gefährdet unser aller Sicherheit. Dies um so mehr, da die Isis-Kämpfer dabei sind, den ganzen Nahen Osten zu islamisieren.

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