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Großer Betrug wird groß bestraft/ Ein Leitartikel von Hajo Schumacher

13.03.2014 – 19:15 

Berlin (ots) -

Respekt. Richter Rupert Heindl, 47, verzehrte in der Gerichtskantine entspannt sein Schaschlik, bevor er ein Urteil verkündete, das dem Rechtsempfinden der Menschen halbwegs entsprach. Heindl ist ein Bayer, den man mögen muss: skeptisch, aber freundlich, kein Show-Typ, sondern klarer Glatzkopf, der im Duett mit einer Rosenheimer Steuerfahnderin das Verfahren durchgezogen und schließlich im Namen des Volkes geurteilt hat: Dreieinhalb Jahre für 27 Millionen Euro - so viel hätte wohl jeder andere auch bekommen, ob Bushido, Günther Jauch oder Erna Klein. Nur Helmut Schmidt vielleicht nicht.

Ausgerechnet im Freistaat, wo nahezu jede Strippe beim FC Bayern endet, ist nicht in straußscher Amigo-Tradition gerichtet worden, sondern wohltuend schnell, gerade, klar. Vier Tage, kein Gedöns, fertig. Der Nächste bitte.

Ganz ohne Häme und Bösartigkeit und Gejuxe: Recht so. Mögen Fans und Freunde des erfolgreichen Klubs greinen, Dortmunder hämen, Juristen analysieren und die Feinripp-Piefnickel ihre Kopf-ab-Sprüche ausstoßen - das Münchner Landgericht hat Unabhängigkeit bewiesen, ein Promi-Malus ist so wenig zu erkennen wie ein Uli-Bonus. Das Argument, Hoeneß habe viel Gutes getan, darf beim Strafmaß zwar eine Rolle spielen, reicht aber nicht für einen Freispruch. Drei Ecken, ein Elfer, das gibt es nur auf dem Bolzplatz. Dass Uli Hoeneß jetzt in die Revision geht, ist sein gutes Recht, die zu klärenden Feinheiten einer strafbefreienden Selbstanzeige dürften einige interessieren.

Der Fall Hoeneß lehrt zweierlei. Mag man Steuern auch als staatlichen Diebstahl betrachten, alle haben zu zahlen. Wer je den heißen Atem des Finanzamts im Nacken spürte, der weiß: kein Flötenkreis. Gut so. Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit sind eins. Nur wenn Normalverdiener das Gefühl haben, dass die da oben ihre Zahlungsbescheide genau so fix zu begleichen haben, dann tut der eigene Beitrag nicht mehr ganz so weh. Vor dem Finanzamt sind alle gleich, und großer Betrug wird groß bestraft. Diese Gewissheit ist Basis für ein funktionierendes Miteinander, und Richter Heindl hat eindrucksvoll daran erinnert. Lieber Zähneknirschen von der Dachterrasse bis ins Souterrain als das verlotterte Steuersystem manch anderer EU-Länder.

Zur Fairness gehört aber auch, Uli Hoeneß nicht auf ewig zu teeren und zu federn. Zumal noch Strafe aussteht. Dass der Mann weiterhin Präsident beim FC Bayern bleibt, glauben nicht mal mehr Menschen, die in rot-weißer Bettwäsche schlafen. Hoeneß hat Mist gebaut - offenbar gibt es auch seelische Probleme, die eine Behandlung nahe legen -, aber er ist und bleibt ein ungewöhnlich erfolgreicher Manager. Ohne Grenzgängertum und Narzissmus, so wissen Psychologen, ist Großes kaum zu leisten, ob in der Kunst, Musik, der Politik oder Wirtschaft. Die Öffentlichkeit aber hatte nie viel Verständnis für ein solches Leben auf der Rasierklinge.

Sex bei Kachelmann, Krullsches bei zu Guttenberg, falsche Freunde bei Wulff, Drogen bei Amy Winehouse und vielen anderen, Zocken bei Hoeneß - der Preis für Aufstieg und Erfolg ist oftmals schrecklich hoch. Jetzt noch auf Hoeneß rumtrampeln? Das schickt sich nicht.

Der Leitartikel im Internet: http://www.morgenpost.de/125781702/

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