Alle Storys
Folgen
Keine Story von BERLINER MORGENPOST mehr verpassen.

BERLINER MORGENPOST

Größenwahn ist erlaubt

Berlin (ots)

Als ich ein kleines Mädchen war, habe ich nicht viel über meine Zukunft nachgedacht. Ich war überzeugt davon, dass ich später, wenn ich nur erst erwachsen bin, alles machen kann, was ich will. Und in dem herrlichen Größenwahn, der Kindern eigen ist, war ich natürlich auch überzeugt davon, dass mir alles hervorragend gelingen würde. Meine Pläne wechselten mit dem Alter: Mal wollte ich eine berühmte Malerin werden, mal im VW-Bus die Welt erkunden, mal die erste Kanzlerin werden. Im Laufe der Zeit hat mich die Wirklichkeit dann eingeholt, und ich kam zu einer realistischeren Einschätzung meiner Talente, Interessen und Möglichkeiten. Naja, und bei einer Sache ist mir wohl schlichtweg eine andere Frau zuvor gekommen. So ist - bislang - aus keinem dieser Pläne etwas geworden. Doch das ist eigentlich nicht der Punkt.

Was allerdings der Punkt ist: Dass ich als Kind und auch als Teenager daran geglaubt habe, dass all diese Träume wahr werden könnten. Denn heute weiß ich: Es ist nicht selbstverständlich, dass einem Kind - noch dazu einem Mädchen - so viele Möglichkeiten offen stehen. Es ist Luxus, in einem Land wie Deutschland zu leben, in dem Wohlstand herrscht. In dem Menschenrechte geachtet werden. In dem Frauen im Prinzip die gleichen Chancen wie Männer haben. In dem jeder lautstark dagegen angehen darf, wenn er (oder sie) Wohlstand, Rechte oder Chancen bedroht oder beschnitten sieht. So, wie es gerade in der Sexismus-Debatte geschieht.

Denn einerseits stimmt es, dass auch in Deutschland Frauen vielfach benachteiligt oder nur auf dem Papier gefördert werden. Dass sie auch hier Diskriminierung und Gewalt erfahren. Teilweise sind solche Dinge auch mir begegnet, als ich aus meinem kindlichen Kokon geschlüpft war, die Arbeitswelt betrat und Mutter wurde. Daher finde ich es gut, wenn sich Frauen und Männer für Frauenrechte, eine Frauenquote, gleiche Löhne und eine bessere Kinderbetreuung stark machen. Da gibt es Nachholbedarf. Daher freue ich mich über Tage wie den Frauentag, an dem die Belange der weiblichen Bevölkerung eine breitere Öffentlichkeit erreichen.

Andererseits: Es stimmt auch, dass es in einem Land wie Deutschland unendlich viele Möglichkeiten gibt, sich als Frau zu verwirklichen. Frauen können früh heiraten oder lebenslang Single bleiben. Sie können Kinder bekommen oder auch nicht. Sie können Karriere machen oder Hausfrau sein - oder beides zugleich. Unsere Mütter und Großmütter konnten von einer solchen Vielzahl an möglichen Rollen nur träumen. Und die Mädchen und Frauen in vielen anderen Ländern der Welt tun es immer noch - ohne dass sie, anders als ich, auch nur zu hoffen wagen können, dass ihre Träume jemals in Erfüllung gehen.

Vielleicht sind es weniger die vergleichsweise niedrigen Hürden, die Frauen hierzulande im Weg stehen, sondern das vergleichsweise große Gejammer darüber. Wie schwer wiegt tatsächlich eine vermeintlich frauenfeindliche Bemerkung? Ich finde, das ist ein kleines Problem. Ich verwende meine Energien lieber darauf, meine neuesten Pläne selbst zu verwirklichen. Die Chancen stehen gut

Von Beatrix Fricke

Kontakt:

BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-43650
bmcvd@axelspringer.de

Weitere Storys: BERLINER MORGENPOST
Weitere Storys: BERLINER MORGENPOST
  • 07.03.2013 – 21:02

    Größenwahn ist erlaubt

    Berlin (ots) - Als ich ein kleines Mädchen war, habe ich nicht viel über meine Zukunft nachgedacht. Ich war überzeugt davon, dass ich später, wenn ich nur erst erwachsen bin, alles machen kann, was ich will. Und in dem herrlichen Größenwahn, der Kindern eigen ist, war ich natürlich auch überzeugt davon, dass mir alles hervorragend gelingen würde. Meine Pläne wechselten mit dem Alter: Mal wollte ich eine berühmte Malerin werden, mal im VW-Bus die Welt erkunden, mal ...

  • 05.03.2013 – 21:35

    Noch immer fehlen Züge / Leitartikel von Thomas Fülling

    Berlin (ots) - Es ist schon bemerkenswert: Da fährt die Berliner S-Bahn so unpünktlich wie lange nicht, und dennoch hat die Bahn-Tochter so viele Kunden wie noch nie. Die zum Teil altersschwachen rot-gelben Züge haben im vergangenen Jahr rund 395 Millionen Fahrgäste durch Berlin und Brandenburg befördert, fast zwei Prozent mehr als vor Beginn der schweren Unternehmenskrise im Sommer 2009. In deren Folge wurden ...