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Weckruf von der Westküste, Marktkommentar von Stefan Schaaf

Frankfurt (ots)

Geschichte droht sich zu wiederholen. Diese Angst scheint die US-Notenbank umzutreiben im Hinblick auf die anstehende Straffung ihrer Geldpolitik. Wie sonst wäre der Weckruf zu verstehen, der in der abgelaufenen Woche die Finanzmärkte von der US-Westküste erreichte. Die Zinsen könnten kräftiger und schneller als von den Marktteilnehmern erwartet steigen, war der Tenor einer Studie, welche die regionale Federal Reserve von San Francisco veröffentlichte. Die Kursreaktionen waren eindeutig: Der Dollar legte in der Breite kräftig zu, und die Renditen für US-Staatsanleihen zogen an. Zehnjährige Treasuries erfuhren in der abgelaufenen Handelswoche einen Renditeanstieg von 15 Basispunkten auf 2,60%.

Vor rund eineinhalb Jahren hat die Fed einen ähnlichen Weckruf lanciert, um die Märkte aus ihrer liquiditätsgeschwängerten Lethargie zu reißen. Ein kurzer Rückblick: Im Frühjahr 2013 hatten sich die US-Konjunkturdaten deutlich aufgehellt. Die Märkte reagierten jedoch nicht darauf, nur der Goldpreis brach ein. Ansonsten schienen die Investoren davon auszugehen, dass die Fed auf Dauer Monat für Monat Anleihen für 85 Mrd. Dollar kaufen würde. Als der damalige Fed-Präsident Ben Bernanke ein Ende dieser Anleihekäufe in Aussicht stellte, reagierten die Märkte auf diese später als Tapering bekannt gewordene Politik mit Panik. Aktien- und Anleihekurse fielen, Kapitalabflüsse setzten die Schwellenländer unter Druck.

Nun steht die Fed vor einer neuen Herausforderung. Das Tapering wird sie im Oktober wohl abschließen, damit rückt angesichts der weiteren Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in den USA ein erster Zinsschritt in den Fokus. Offenbar ist die Veröffentlichung der Studie der Fed aus San Francisco Teil der Kommunikationsstrategie, die darauf abzielt, die Marktteilnehmer auf steigende Zinsen einzustimmen und Schocks wie im vergangenen Jahr zu vermeiden. Jedenfalls war Bernankes Nachfolgerin Janet Yellen selbst vor ihrem Sprung an die Fed-Spitze Chefin jener regionalen Notenbank, deren Ökonomen dieser Tage die Märkte aufweckten. Darin hieß es, die US-Notenbank peile für Ende 2015 einen Leitzins von 1% (derzeit: 0 bis 0,25%) an, der bis Ende 2016 auf 2,5% steigen soll. Der Marktkonsens rechnete dagegen mit Schlüsselsätzen von 0,75% (2015) und 2,13% (2016). Außerdem werde der Zinserhöhungszyklus voraussichtlich nicht erst im dritten Quartal 2015 beginnen, hieß es.

Der Dollar erreichte in Reaktion auf die Studie - gemessen an sechs anderen Industrieländerwährungen - ein 14-Monats-Hoch. Der Euro fiel auf 1,2859 Dollar und hat damit seit Anfang Mai gut 8% abgewertet. Der schwache Euro ist einerseits ein Spiegelbild der Dollar-Stärke, die sich nach allgemeiner Auffassung fortsetzen wird. Schon sprechen einige Investmentbanken von der Parität zwischen den beiden Währungen. Goldman Sachs erwartet diese für Ende 2017. Die Euro-Schwäche ist allerdings auch hausgemacht. Denn der Euro-Dollar-Kurs spiegelt eben auch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank wider. So ging der kräftige Euro-Anstieg zu Jahresbeginn auch darauf zurück, dass viele Banken die Mittel aus den 2011/2012 aufgelegten Drei-Jahres-Tendern der EZB zurückzahlten. Folglich schrumpfte die Bilanzsumme der Notenbank kräftig, ihre Geldpolitik war bis zum Sommer restriktiv. Angesichts der üblichen verzögerten Wirkung solcher Maßnahmen lässt dies für die Konjunktur in Euroland in den kommenden Monaten nichts Gutes erwarten.

Vor diesem Hintergrund senkte die EZB die Zinsen und will ihre Bilanz mit Wertpapierkäufen kräftig ausweiten, möglicherweise sogar durch eine quantitative Lockerung. Angesichts einer absehbar strafferen US-Geldpolitik und einer damit wachsenden Zinsdifferenz stehen die Zeichen auf eine weitere Abschwächung des Euro. Der Trend ist klar, aber die Euro-Abwertung wird, wie sich zuletzt zeigte, von höherer Volatilität begleitet.

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