Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Ziemlich naher Osten, Kommentar zum G 7-Gipfel von Detlef Fechtner

Frankfurt (ots)

Keine Frage, im ukrainisch-russischen Grenzkonflikt gibt es zuversichtlich stimmende Signale: der einigermaßen schiedlich-friedliche Verlauf der Präsidentschaftswahlen. Die Ankündigung des Kremls, Wahlsieger Petro Poroschenko als Gesprächspartner zu akzeptieren. Die Fortschritte bei den Verhandlungen über Gaspreise und offene Rechnungen. Und die Ansage aus Moskau, dass Präsident Wladimir Putin in der Normandie Ende dieser Woche mit François Hollande, mit David Cameron und mit Angela Merkel zusammenkommen will. Das alles trägt zur Entspannung in einem aufgeladenen Konflikt bei.

Aber niemand sollte darüber aus den Augen verlieren, dass es gestern erneut Verletzte und Tote in Lugansk und Slawjansk gab. Dass erst kürzlich abermals OSZE-Beobachter festgesetzt worden waren. Und dass die Krim völkerrechtswidrig eingegliedert wurde und sich daran auf absehbare Zeit wohl kaum etwas ändern dürfte.

Wenn heute Abend die G 7-Regierungschefs zusammenkommen, dann stehen sie vor der heiklen Aufgabe, ihr Verhalten auf eine Situation abzustimmen, für die es keine eindeutigen Lösungen gibt. Einerseits gibt es keinen zwingenden Anlass, sich in einen Wirtschaftskrieg mit Russland zu stürzen. Deshalb werden die G 7-Chefs heute Abend (noch) keine harten Wirtschaftssanktionen beschließen. Andererseits ist angesichts der russischen Grenzüberschreitungen und anhaltender Gewalt nicht an Normalisierung der Beziehungen zu denken.

Die G 7-Chefs tun deshalb richtigerweise etwas, was ernüchternd, aber notwendig ist: Sie richten sich darauf ein, dass der Grenzstreit ein Dauerkonflikt wird. Möglicherweise entsteht hier gerade weit entfernt von der arabischen Halbinsel ein neuer Nahostkonflikt - nur dass aus Sicht der EU dieses Mal der Osten ziemlich nahe liegt. Dass der Streit unmittelbar vor der EU-Haustür stattfindet, dürfte zwar einerseits ein Grund dafür sein, dass militärische Lösungen ausgeschlossen werden. Andererseits bedeutet dies aber, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen stärker spürbar sind.

Wenn die G 7-Regierungschefs also etwa über gemeinsame Energiestrategien unter Koordination der Internationalen Energieagentur reden, dann ist das keine dieser perspektivischen Zukunftsdebatten, sondern aktuelle Tagespolitik. Die Botschaft des Treffens für Investoren und Unternehmen lautet daher: Stellt euch darauf ein, dass die Bewältigung dieser Krise langwierig sein wird. Womöglich noch langwieriger als im Falle der Finanzkrise.

Kontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 02.06.2014 – 20:55

    Sparen und wachsen, Kommentar zu den Empfehlungen der EU von Detlef Fechtner

    Frankfurt (ots) - Die EU-Kommission veröffentlicht jedes Jahr im Frühsommer zwei dicke Wälzer, die sich in mancherlei Hinsicht ähnlich sind. Zum einen die länderspezifischen Empfehlungen, in denen sie gezielt jeder nationalen Regierung zu haushalts- und wirtschaftspolitischen Korrekturen und Reformen rät. Und den EU-Badegewässerreport, der über die Qualität ...

  • 30.05.2014 – 20:15

    Höhenangst, Marktkommentar von Stefan Schaaf

    Frankfurt (ots) - Alles war vorbereitet: die Fernsehkameras auf die Kurstafel der Frankfurter Börse gerichtet, Chroniken geschrieben und Grafiken erstellt worden. Die deutschen Finanzmedien hatten sich in der abgelaufenen Handelswoche auf den ersten fünfstelligen Kurs des Dax eingestellt. Vielleicht war sogar im Handel die eine oder andere Flasche Champagner kaltgestellt worden, auch wenn das Geschäft immer mehr von ...

  • 29.05.2014 – 21:10

    Spätfolgen, Kommentar zum Arbeitsmarkt von Stephan Lorz

    Frankfurt (ots) - Für eine "Spätfolge des milden Winters" hält der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, die ausgefallene Frühjahrsbelebung auf dem deutschen Arbeitsmarkt im Mai. Da es witterungsbedingt zu Jahresanfang weniger Entlassungen als üblich gegeben habe, würden nun eben auch die Einstellungen ausbleiben. Es gebe ja nichts zu "beleben". Die Erklärung ist durchaus plausibel in ihrer ...