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Fuß in der Tür, Kommentar zu General Electric und Alstom von Michael Flämig

Frankfurt (ots)

Die Geschichte hat alle Ingredienzen, die ein guter Krimi braucht: Schillernde Hauptdarsteller (General Electric, Siemens, Alstom), überraschende Wendungen (französische Regierung greift ein, Siemens steigt in den Ring), dramatische Höhepunkte (Alstom-Chef mit Blaulicht vom Flughafen zurückgeholt, Einmarsch zweier Vorstandschefs im Elysée-Palast) und jede Menge Nickligkeiten (Briefe landen fast so schnell in der Öffentlichkeit wie beim Empfänger, Akteure verweigern sich dem Gespräch).

Doch Spannung ist kein Wert an sich. Die Beteiligten werden daran gemessen, was der Plot am Ende für ihr Unternehmen bringt. Dabei gibt es naturgemäß Gewinner und Verlierer. Wie ist der Stand? Das Schlusskapitel ist nicht geschrieben, deshalb verbietet sich ein endgültiges Urteil. Siemens wird im Mai einen genaueren Blick auf Alstom werfen können. Sollte der Konzern ein eigenes Angebot abgeben wollen, sind letztlich die Aktionäre gefragt. Das kann dauern.

Prima vista allerdings hat General Electric den Fuß deutlich in die Tür gesetzt. Der Alstom-Aufsichtsrat hat die Offerte eindeutig bevorzugt. Damit käme die Truppe um Jeff Immelt ihrem Ziel näher, den europäischen Markt aufzumischen. Dies wäre ein großer Erfolg. Doch welchen Preis zahlt General Electric hierfür? Fragezeichen gibt es an zwei Stellen. Erstens scheinen die Amerikaner quantitativ draufgelegt zu haben. Statt 9,5 Mrd. Euro werden nun 12,4 Mrd. Euro geboten - wenngleich fehlende Informationen über die Portfolio-Abgrenzung eine Beurteilung erschweren. Zweitens dürfte GE zu weiteren Zugeständnissen beim Standort-Erhalt gezwungen worden sein. Siemens ist in der Defensive. Es droht ein Heranrücken der Amerikaner im Energiegeschäft.

Außerdem hat die öffentliche Debatte wieder jene Unruhe in den Konzern gebracht, die Vorstandschef Joe Kaeser vor den Strategieentscheidungen im Mai beenden wollte. Die angebotenen Stellengarantien für Alstom werden Thema sein, wenn es an den Arbeitsplatzabbau in der Verwaltung geht. Kaeser kann jedoch als Gewinn verbuchen, dass General Electric der handstreichartige Alstom-Kauf misslungen ist und Zugeständnisse fällig wurden. Zudem signalisiert sein Agieren jenes Selbstbewusstsein, das die Beschäftigten des Konzerns honorieren.

Und die eigentlich malade Alstom? Sie wird umworben. Es ist ein Managementfehler ersten Ranges, dass die Unternehmensspitze nicht mehr Kapital schlägt aus dieser komfortablen Lage. Die Zurückhaltung im Kontakt mit Siemens läuft dem Interesse der Aktionäre diametral entgegen.

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