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Vor dem Lackmustest, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots)

Mit Elan sind die Aktienmärkte in das zweite Quartal gestartet. Getragen wird die Aufwärtsbewegung von dem Wegfall bzw. der Abmilderung mehrerer Belastungsfaktoren. So haben die Spannungen in Osteuropa nachgelassen. Außerdem haben sich die Emerging Markets stabilisiert, und die Sorgen über eine Vollbremsung der chinesischen Wirtschaft wurden durch die Erklärung der Regierung, dass sie gegebenenfalls zu Ankurbelungsmaßnahmen greifen könnte, verdrängt. In Europa verstärken sich die Hoffnungen auf weitere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen. Nicht zuletzt haben die Daten aus den USA, darunter zuletzt die Arbeitsmarktzahlen, bestätigt, dass sich die amerikanische Wirtschaft von den Schäden der extremen Kältewellen erholt.

Damit scheint die Bahn frei zu sein für eine Fortsetzung der Rekordfahrt, getrieben von hoher Liquidität und niedrigen Zinsen. Gemessen am Weltaktienindex MSCI World haben Dividendentitel jetzt sogar die Höchststände des Jahres 2007 überwunden; am Freitag erreichte das globale Marktbarometer nochmals ein Rekordhoch.

Allerdings steigen mit den Kursen auch die Risiken. Der Rekord ist der von Höchststand zu Höchststand eilenden Wall Street zu verdanken, deren Bewertung luftige Höhen erreicht hat. Beobachter warnen denn auch vor einer schärferen Korrektur. Umso wichtiger wird es sein, dass die Gewinne der Unternehmen wie erhofft steigen, so dass die erreichten Kurshöhen untermauert werden. Damit steht mit der Berichtssaison - wie es am Freitag Strategen formulierten - der Lackmustest für die Aktienmärkte bevor. Alcoa wird am 8. April die Saison für die Dow-Konzerne eröffnen. Ergebnisse und Ausblicke der Unternehmen werden maßgeblich über die Aussichten der Aktienmärkte in den kommenden Wochen entscheiden.

Von einem Lackmustest sprach am Freitag u.a. die Helaba, die der Auffassung ist, dass auf den aktuellen Höhen die Risiken überwiegen. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Schätzungen für die kommenden zwölf Monate seien US-Aktien so hoch bewertet wie seit zehn Jahren nicht mehr. Wenn eine weitere Bewertungsexpansion somit keine wirkliche Option sei, könnten die Kurse nur noch im Gleichschritt mit den Unternehmensgewinnen zulegen. Überwiegend negative Gewinnrevisionen hätten aber auch in den USA die mittelfristigen Ergebnisziele mit Fragezeichen versehen. Für die Nettoergebnisse 2014 und 2015 würden Steigerungen von 8% bzw. 11% unterstellt. Dies liege nicht nur über dem langfristigen Durchschnitt von 7%, sondern auch deutlich über dem nominalen Wirtschaftswachstum. Um dies zu erreichen, müsste der Anteil der Unternehmensgewinne am nominalen Bruttoinlandsprodukt weiter ansteigen. Mit gut 10% seien in den vergangenen Quartalen Spitzenwerte markiert worden. Eine weitere Verschiebung der Einkommensverteilung zugunsten des Faktors Kapital sei angesichts der fortschreitenden Erholung des Arbeitsmarktes nicht zu erwarten. "Die Unternehmensgewinne dürften daher mittelfristig deutlich weniger zulegen, als dies die Mehrheit der Marktteilnehmer derzeit unterstellt".

Nach Auffassung der BayernLB ist eine Stabilisierung der Gewinnentwicklung eine unabdingbare Voraussetzung für eine nachhaltige Aufwärtsbewegung. Unter der Annahme, dass die Bewertungsausweitung bereits weitgehend ausgereizt sei, sollten sich die Gewinnrevisionen stabilisieren, wenn sich der mittelfristige Aufwärtstrend an den Aktienmärkten auf solider Basis fortsetzen solle. Zwar sei auch eine weitere Bewertungsexpansion gestützt auf die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken bei einer anhaltenden Konjunkturerholung denkbar. "Dies wäre jedoch als ,ungesund' anzusehen und würde das Risiko eines umso stärkeren Kursrückschlages zu einem späteren Zeitpunkt mit sich bringen."

Die DZ Bank erwartet keine Belastungen aus der Berichtssaison, stößt sich aber an der Bewertung. Die Gewinnschätzungen für das Auftaktquartal seien so stark reduziert worden, dass gute Chancen bestünden, dass die tatsächlichen Zahlen besser als erwartet ausfallen werden. Einem ähnlichen "Drehbuch" werde wahrscheinlich auch die Berichtssaison in Europa folgen. "Für die Aktienmärkte sehen die Zukunftsperspektiven auf dem Papier sehr rosig aus. Wäre da nicht die teure Bewertung." Diese habe sich in den USA erneut erhöht. Das Shiller-KGV liege bei 26,2 und damit 58% über dem Durchschnitt seit 1881. Nur während der extremen Bullenmärkte, die in die Crashs 1929 und 2000 mündeten, sowie im Sommer 2007 sei der Bewertungsexzess am US-Aktienmarkt noch stärker ausgeprägt gewesen.

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