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Die Stimmung kühlt ab, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots)

Ungefähr vier Wochen nach dem optimistischen Start ins neue Jahr sind die Marktteilnehmer spürbar vorsichtiger geworden. Der Dax hat in der gerade abgelaufenen Woche zwar noch ein Rekordhoch von 9794 Zählern erreicht; dann folgte jedoch ein recht deutlicher Rücksetzer bis auf 9374 Punkte. Gewinnmitnahmen nach den zurückliegenden starken Kurssteigerungen schienen nicht wenigen Akteuren opportun zu sein, was auch absolut nachvollziehbar ist. Nachdem die Marktbewertungen angesichts seit geraumer Zeit stagnierender bis rückläufiger Unternehmensgewinne deutlich zugelegt haben, sind weitere nennenswerte und nachhaltige Kurssteigerungen nur dann zu rechtfertigen bzw. zu erwarten, wenn sich überzeugende Anhaltspunkte dafür einstellen, dass es in diesem Jahr auch tatsächlich zu der erhofften Verbesserung der Ergebnislage der Firmen kommt.

Berichte enttäuschen

Eben dazu ist es in den zurückliegenden Tagen nicht gekommen. Im Gegenteil: China hat mit einem unter die Schwelle von 50 Punkten gesunkenen Einkaufsmanagerindex für Verunsicherung gesorgt. Gleichzeitig hat die an Fahrt gewinnende Quartalsberichtssaison bisher so manche böse Überraschung gebracht und war insgesamt bisher eher enttäuschend - und das, obwohl viele Unternehmen zur Vermeidung von Enttäuschungen vorher bereits emsig daran gearbeitet hatten, die Erwartungen zu dämpfen. "Der Start fiel enttäuschend aus, so dass bereits die ersten vorgelegten Zahlen den zunächst erwarteten aggregierten Gewinnanstieg von gut 10% auf 8,5% drückten", kommentierte die Landesbank Baden-Württemberg am Freitag das Geschehen. "In den USA bekamen hingegen nun wieder die positiven Überraschungen Oberwasser - der Gewinn-,Surprise' liegt nun bei hochgerechnet 1,3%." Dennoch bleibe festzuhalten, dass sich die konjunkturelle Verbesserung, auf die sich die Börsenhausse gegründet habe, in den Gewinnen bislang nur unzureichend widerspiegle. Die Berichtssaison scheine kaum geeignet, die Kurse weiter anzutreiben. Doch es gibt noch mehr Gründe, die die Investoren zur Vorsicht mahnen. Die Probleme in den Schwellenländern verstärken sich zusehends, und damit nehmen auch die Befürchtungen zu, dass es über Ansteckungseffekte zu einer gravierenden Schwellenländerkrise kommen könnte. Das Beunruhigende daran ist, dass hier ein ganzes Bündel von Faktoren am Werk ist, die nicht so schnell verschwinden werden. Das Tapering startet gerade erst, die gigantischen Kapitalzuströme, die den Boom in vielen Schwellenländern erst möglich gemacht haben, haben begonnen sich umzukehren, die global maßgeblichen langfristigen US-Zinsen stehen nach einem jahrzehntelangen Rückgang vor einer Wende nach oben, und in einigen Ländern wie Brasilien, Thailand, der Türkei und der Ukraine gibt es politische Unruhen und stehen Wahlen bevor.

Brisant ist auch der Faktor China. Das Reich der Mitte steht vor der schweren Aufgabe, sein Wirtschaftsmodell umzustellen, ohne sein Wachstum zu stark zu drücken, und hat außerdem noch die Folgen einer gigantischen Kredit- und Immobilienblase zu bewältigen. Wenn China wackelt, wird das vor allem in den sehr stark von Ausfuhren ins Reich der Mitte abhängigen Volkswirtschaften wie Australien, Brasilien und Indonesien, aber auch in Industrieländern negative Folgen haben. Vor allem Länder mit hohen Leistungsbilanzdefiziten, ebenfalls kein schnell zu bereinigendes Problem, drohen weiter unter Druck zu geraten, zumal die Devisenreserven deutlich geschrumpft sind. Beginnen erst einmal die Ratingagenturen, ihre Bonitätsnoten nach jahrelanger Aufwärtstendenz wieder zu verschlechtern und setzen den einen oder anderen Kandidaten wieder in den Junk-Bereich zurück, kann sich die Malaise zusätzlich verstärken, wie nicht zuletzt die europäische Staatsschuldenkrise eindrücklich gezeigt hat. Kurzum: Eine Art Teufelkreislauf könnte entstehen.

Aktien bleiben vorerst aber erste Wahl, solange erstens vernünftige Alternativen fehlen und zweitens noch Aussichten auf eine Beschleunigung des globalen Wachstums sowie auf eine Beruhigung der Krisenherde bestehen. Allerdings ist es wohl ratsam, Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, wie das die DZ Bank in ihrem Musterdepot (Total-Return-Ansatz mit angestrebtem Ertrag von 4 bis 5% p.a.) getan hat. Sie hat das erhöhte Kursniveau an den Aktienmärkten und Überhitzungserscheinungen zum Anlass genommen, den Anteil von Dividendentiteln in ihrem Portfolio auf 25% zu reduzieren.

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