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Ritt über den Bodensee, Kommentar zu den Kapitalmaßnahmen der Commerzbank, von Bernd Wittkowski.

Frankfurt (ots)

Was die Commerzbank und die sie begleitenden Investmentbanken nun schon seit Jahren veranstalten, ist ohne Zweifel die Hohe Schule der Kapitalmarkt-Jonglage. Für ihre pfiffig strukturierte Megakapitalerhöhung im Volumen von 11 Mrd. Euro vor zwei Jahren, die bereits bei der Ankündigung fast dem Eineinhalbfachen der Börsenkapitalisierung von seinerzeit 7,5 Mrd. Euro entsprach, heimsten die Gelben seinerzeit sogar den "Corporate Finance Award" der Börsen-Zeitung ein. Wenn Aktionäre sich freilich - nicht erst seit heute - fragen, ob die zweitgrößte deutsche Bank die Kohle schneller verbrennt, als die Investoren selbige nachlegen können, ist das auch nicht ganz abwegig. Denn die Bank, die ihr Kapital diesmal um vergleichsweise bescheidene 2,5 Mrd. Euro erhöhen will, ist aktuell sogar noch etwas weniger wert als die damaligen 7,5 Mrd. Euro. Mindestens ein Analyst kommentierte die jüngste Aktion denn auch ohne übertriebene Diplomatie: Mit der geplanten neuen Kapitalmaßnahme werde den Anteilseignern in den Hintern getreten. Als Quittung gab es gleich mal einen Kursabschlag von fast 10%.

Tatsächlich könnte die Hohe Schule der Kapitalmarkt-Jonglage in diesem Fall auch auf den berühmt-berüchtigten Ritt über den Bodensee hinauslaufen. Im ersten Moment klingt die Equity Story ja gar nicht so schlecht: interessante Bewertung, deutliche Stärkung des harten Kernkapitals (stille Einlagen werden bald nicht mehr als solches anerkannt), die Aktionäre stehen künftig, so Bankchef Martin Blessing, "näher an der Ausgabestelle" (für Ausschüttungen), und nicht zuletzt sollen die komplette Rückzahlung der stillen Einlagen und die Reduzierung des Staatsanteils den Einstieg in den Ausstieg des Bundes, also der Steuerzahler, markieren. Was letzteren Punkt angeht: Als Commerzbank-Aktionäre sind die Steuerzahler noch Lichtjahre davon entfernt, zumindest ihren Einsatz zurückzubekommen. Mal davon abgesehen, dass ihre Einlage allzu lange zinslos blieb. So haben es die Brüsseler Wettbewerbshüter indes akzeptiert.

Ob alte und neue Aktionäre in Zukunft wirklich noch mal Freude an ihrem Eigentum haben werden, wird vor allem von den operativen Erfolgen (oder Nichterfolgen) der Commerzbank und von deren Fortschritten beim Abschütteln ihrer enormen Altlasten abhängen. Geht das gut aus, ist Blessing auch dank seiner Jonglierkünste am Kapitalmarkt der King. Geht es schief, droht nicht nur ihm, sondern der ganzen Bank ein Schicksal ähnlich jenem des Reiters in Gustav Schwabs Ballade: Der fiel tot vom Pferd. Ihm ward ein trocken Grab am Ufer des Bodensees.

(Börsen-Zeitung, 14.3.2013)

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